Von den Irrungen und Wirrungen der Liebe: Chris Rock und Julie Delpy als gemischtes Paar in "2 Tage New York".

Foto: Constantin

Wien - "Deine Impulskontrolle ist total gestört." Als die Fotografin Marion vor wenigen Jahren mit ihrem Freund Jack in Paris landete, wurde ihre Beziehung auf eine harte Probe gestellt. Die Französin und der Amerikaner in der Stadt der Liebe - das ging vor allem deshalb nicht gut, weil Marions amouröse Vergangenheit in der Person diverser ehemaliger Liebhaber bis in die Gegenwart reichte. "2 Tage Paris", inszeniert von der Schauspielerin Julie Delpy, die auch die Hauptrolle der neurotisch-eigensinnigen Marion übernahm, wurde vor fünf Jahren ein Überraschungserfolg, weil er den schmalen Grat der Tragikomödie bravourös bewältigte.

Das Abenteuer in Paris schloss damit, dass nach dem scheinbaren Ende der Liebe doch noch mal auf offener Straße getanzt und der Fortgang der Geschichte dadurch in der Schwebe gehalten wurde. In "2 Tage New York", mit dem Julie Delpy den Ortswechsel zum Anlass für eine Fortsetzung nimmt, erfährt man nun, warum: Der bärtig-bärbeißige Jack ist fünf Jahre später verschwunden, Marion lebt nun mit dem kleinen gemeinsamen Sohn in New York. An Jacks Stelle ist Mingus (Chris Rock) getreten, ein schwarzer Radiomoderator, dessen siebenjährige Tochter die Patchworkfamilie komplettiert.

Standen schon in Paris alle Vorzeichen auf Konfrontation der Kulturen, so vertieft das Sequel diesen Graben, indem Marions französische Sippschaft für eben zwei Tage ihr New Yorker Apartment besetzt: Vater Jeannot (Albert Delpy) nimmt es mit der Körperhygiene nicht so genau, während Schwester Rose (Alexia Landeau) für das Klischee der französischen Nymphomanin zuständig ist und ihr bekiffter Liebhaber alsbald polizeilich in die Heimat verfrachtet wird. Die Irrungen und Wirrungen, anhand derer sich die Erzählung relativ sprunghaft entwickelt, basieren zum Großteil auf Sprachwitz und Situationskomik.

Das ist angesichts der feinsinnigen Selbstironie, die "2 Tage Paris" auszeichnete, bedauerlich. Andererseits beugt Delpy, indem sie die Marotten wie bei einem Puppentheater auf mehrere Figuren verteilt, der Gefahr der exzessiven Nabelschau einer Stadtneurotikerin vor. Und tatsächlich sind es Puppen, mithilfe derer Marion ihrem Sohn von ihrer Vergangenheit erzählt und die den Film als große Klammer zusammenhalten.

Was bleibt, ist Marions grundsätzliche Unsicherheit über ihren Platz in der Welt, wenngleich sie diesem in New York ein Stück näher zu kommen scheint. In einer der besten Szenen trifft sie auf Vincent Gallo, der bei einer Vernissage statt Marions Bilder ihre Seele gekauft hat. Marion möchte den Handel rückgängig machen, doch Gallo behauptet, ihre Seele in einem kleinen Beutel in seiner Unterwäsche zu tragen. Erstaunlich, wohin einen das Innerste führen kann. (Michael Pekler, DER STANDARD, 5.7.2012)