"Falsche Universalismen" heißt sowohl die Ausstellung von Valentin Ruhry in der Galerie König wie auch diese Arbeit von 2012, eine Gips betonplatte mit Ornament aus Verkabelungsdosen.

Foto: Christine König Galerie, Wien

Wien - Weniger das Skulpturale, das keine 24 Stunden bestand, als der Prozess schien Valentin Ruhry zu interessieren, als er 2007 in Skopje mit der Scheibtruhe loszog. Zerbröselte Betonstücke, Teile der desolaten Oper, lud er ein, um sie später im Aussstellungsraum "press to exit" zum Objekt zu stapeln. Am nächsten Tag fuhr der Künstler die Brocken wieder zurück zur Oper. Nicht nur Ruhry filmte seine Aktion, auch ein Fernsehteam kam, um zu dokumentieren, wie jemand aus dem unnützen Schutt Kunst macht.

Ruhrys Video Working the city von 2007 erzählt von der ungeliebten Architektur in der mazedonischen Hauptstadt. Nach einem Erdbeben 1963, das fast den gesamten Stadtkern zerstörte, beteiligten sich 77 Länder im Rahmen einer Uno-Hilfsaktion am Wiederaufbau. Ein humanitärer Kraftakt mit Kehrseite. Denn die Skopjer identifizieren sich nicht mit den Gebäuden. Ein solcher Fremd körper ist auch der 1977 errichtete futuristische Bau der Oper, der optisch sich auftürmenden Eisschollen ähnelt, jedoch in ebenso erbärmlichem Zustand wie das ewige Eis ist: Er zerbröckelt.

Diese Arbeit, die womöglich auch in Skopje ein Bewusstsein für die urbane Architektur zu wecken vermochte, verknüpft sich mit Ruhrys aktueller Ausstellung in der Galerie König: Denn als man ihn fragte, ob die für die temporäre Skulptur verwendete Scheibtruhe ein Verweis auf den früh verstorbenen Minimalisten Bill Bollinger sei, verneinte der 30-Jährige zwar, begann sich jedoch mit dem ihm unbekannten und auch sonst fast in Vergessenheit geratenen Bollinger zu beschäftigen. "Es gibt keinen Grund, Farbe zu verwenden, zu polieren, zu biegen, zu schweißen, wenn es nicht notwendig ist", sagte dieser. Eine Aussage, die etwa in Ruhrys Entwurf für eine Malerei II, einer energisch auf einen Metallrahmen gesteckten Gipskartonplatte, unmittelbar widerzuhallen scheint.

Ruhry fand sich durch Bollingers Ansätze der 1960er-Jahre und das Verwenden von (industriell gefertigten) Baumaterialien in seinem eigenen Schaffen bestätigt. Eine besonders starke Referenz ist die Arbeit Welle, die auf Bollingers Cyclone Fence, einen 1968 bei Leo Castelli in New York in Wellen gelegten Maschendraht, bezieht. Ruhry hat eine einzelne Welle dauerhaft an einen Rahmen gebunden. So arbeitet Ruhry weniger ephemer als der ältere Künstler, von dem er drei Arbeiten als "Gäste" in seine Ausstellung geladen hat.

Die Reduktion tut Ruhrys Werk gut und führt obendrein das Motiv des Verrückenden fort, das seinen früheren Arbeiten mit Licht, in und mit Räumen eigen war. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 5.7.2012)