Das Verfahren um die Einführung neuer Top Level Domains wie .wien ist voll im Gange.

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Schon bald könnte es die Internetadresse salami.pizza geben. ipick.flowers, green.earth oder rausaus.wien wären auch möglich. Oder ihatethe.world. Das langwierige Verfahren um die Einführung der neuen Endungen von Internetadressen, sogenannter Top Level Domains (TLD), ist voll im Gange. Seit Juni gibt es eine Liste aller 1930 bei der Internet-Verwaltungsorganisation Icann eingereichten, neuen TLDs, die wie die bisherigen Endungen .at oder .com hinter dem letzten Punkt einer Internetadresse stehen.

"Revolution" des Internets

Mit den vielen neuen Möglichkeiten bei der Benennung von Websites werde eine "Revolution" des Internets einhergehen, sagt Richard Wein von nic.at, der Registrierungsstelle für Adressen mit .at-Endung. Der Normaluser würde aber zuerst wohl auch verwirrt sein und eine Umgewöhnungsphase benötigen. Für manche Bereiche prophezeit Wein einen regelrechten Kampf um die neuen Endungen.

Ansturm auf .app

Dem digitalen Zeitgeist entsprechend, war mit 13 Bewerbungen der Ansturm auf die Endung .app am größten. Ähnlich umschwärmt sind Kürzel wie .home, .art oder .blog. 116 Einreichungen betrafen Sprachen mit nichtlateinischem Alphabet. Die Unternehmen mit den meisten Einreichungen waren - wenig überraschend - Google (101 Einreichungen) und Amazon (76). Neben originellen Kombinationsmöglichkeiten mit .sucks, .lol oder .love werden regional bezogene Inhalte durch die neuen TLDs besser hervorgehoben. Diesbezüglich sind auch zwei österreichische Initiativen dabei: Ein Unternehmen der Compass-Gruppe hat sich .wien gesichert, eines der Moser Holding bewirbt sich um .tirol.

Kein Interesse der öffentlichen Hand

Trotz des offenbaren Werts für den Fremdenverkehr gab es da wie dort kein Interesse der öffentlichen Hand, sich an den Einreichungen zu beteiligen. Auch Salzburgs Politik sei etwa nicht davon zu überzeugen gewesen, dass eine .salzburg-Domain sinnvoll wäre, erklärt Wein. Die Eigner können die TLDs nach ihrem Ermessen vergeben und kommerziell verwerten. Dafür müssen sie aber auch investieren: Pro Bewerbung streift die Icann 185.000 Dollar (ca. 147.000 Euro) ein.

Jahre, bis alle Bewerbungen abgearbeitet sind

Die aufwändige Erstellung der Bewerbungen, die sich an spezifischen Kriterien der Icann ausrichtete und zu mehreren hundert Seiten starken Konvoluten pro Einreichung führten, kostete pro Bewerber zusätzlich bis zu 50.000 Euro. Die Zahl der Einreichungen war überraschend hoch. Das bewirkt zwar, dass sich der Aufwand besser rechnet und die Icann bis zu 50.000 Dollar pro Bewerbung zurückzahlen kann, aber auch, dass es vermutlich Jahre dauern wird, bis alle Bewerbungen abgearbeitet sind. Die Revolution des Internets wird also auf Raten stattfinden.

Wein verweist im Zusammenhang mit den neuen Endungen darauf, dass Unternehmen ihre Domain-Entscheidungen strategisch angehen sollten. Laut einer Umfrage von nic.at und dem Marktforschungsinstitut PGM will sich mehr ein Drittel der befragten Unternehmen eine neue TLD zulegen. Knapp 17 Prozent erwarten sich dadurch bessere Zugriffszahlen. (pum, DER STANDARD, 3.7.2012)