Das 500 Milliarden Euro schwere Aufrüstungsprogramm der russischen Regierung droht zu platzen. Einem Bericht der Tageszeitung Wedomosti zufolge diskutiert das Kabinett über eine Verschiebung des Programms um mindestens drei Jahre. Eigentlich sollten bis 2020 insgesamt 70 Prozent der russischen Militärtechnik erneuert werden. Doch es fehlt an Geld und Kapazitäten.

Die großteils noch aus dem Sowjetarsenal stammende Ausrüstung der russischen Streitkräfte gilt als veraltet. Geplant ist daher die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge, Panzer, Kriegsschiffe, aber auch die umfassende Modernisierung der strategischen Atomstreitkräfte. Ziel sei es, mit den USA gleichzuziehen und nicht als "Bananenrepublik" zu enden, verdeutlichte der damalige Präsident Dmitri Medwedew den Anspruch der Russen.

Kritik von Kudrin

Es gab freilich auch Kritik an dem ambitiösen Programm: Finanzminister Alexej Kudrin forderte einen Streckung auf 15 Jahre, da Russlands Rüstungsindustrie nicht in der Lage sei, die Aufträge fristgerecht abzuarbeiten. Zudem warnte er vor einer Überbelastung für den russischen Haushalt. Wegen des Streits wurde er schließlich von Medwedew gefeuert.

Doch pikanterweise aus den gleichen Gründen erwägt nun die Regierung einen Aufschub des Rüstungsprogramms. In Erwartung fallender Ölpreise werden Gelder im Haushalt gekürzt. Zudem zweifelt die Regierung, dass die Rüstungsindustrie die nötigen Kapazitäten habe. Es drohten daher Preissprünge und Qualitätsmängel, warnte ein Regierungsmitglied. Entschieden sei der Aufschub noch nicht, doch es herrsche Einigkeit darüber, dass ein Teil der Rüstungsausgaben verschoben werden müsse.

Medwedew gerät mit dieser Panne weiter unter Druck. In den ersten Wochen als Premier musste er bereits zahlreiche Rückschläge hinnehmen. So wurde der Regierung de facto die Kontrolle über den lukrativen Ölsektor entzogen. Zuletzt hatte Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow den Regierungschef nach dessen harscher Kritik kühl abblitzen lassen - ohne Konsequenzen. Medwedew besitzt nur noch geringe Autorität innerhalb der russischen Führung. (André Ballin/DER STANDARD Printausgabe, 3.7.2012)