Schweizer Kühe können mehr als Milch: Die Doku "Kampf der Königinnen" führt es vor.

Foto: Nicolas Steiner

Kein Kino, kein Club, kein Plattenladen - als junger Mensch auf dem Land hat man schnell einmal mit solchen Einschränkungen zu kämpfen. Die Folgen (Alkohol, Auto, Straßengraben) können verheerend sein. Aber mancher ist vor lauter Langeweile und Sehnsucht nach Neuem, im Moment noch Unerreichbarem auch schon ganz kreativ geworden - wenn es nur ein bisschen Anstoß und Anlass dazu gibt.

Der steirische Bezirk Murau ist derzeit Schauplatz der Regionale. Weil dort schon länger kein Kino mehr existiert, hat man die Diagonale, das Festival des österreichischen Films, damit betraut, diese Unterversorgung vorübergehend zu beheben.

Das entsprechende Programm ist mit dem schönen Merksatz "Misstraue der Idylle!" übertitelt. In erster Linie soll die ortsansässige Jugend für das kollektive Seherlebnis begeistert werden. Dementsprechend ist die Auswahl ausgefallen:

Zum einen werden Arbeiten von Filmschaffenden gezeigt, die selbst aus der Steiermark stammen und sich mit der hiesigen Lebenswelt und den Erfahrungen Jugendlicher auseinandersetzen. Der Grazer Jakob Erwa lässt schon im Titel seines Kinodebüts anklingen, dass er der Idylle misstraut: Heile Welt von 2007 begleitet junge Tagediebe bei ihren Streifzügen durch die Stadt und am Rande der Legalität. Sigmund Steiners 2003 entstandener Kurzspielfilm firn hingegen führt aufs Land und konfrontiert einen Besucher aus der Stadt mit jenem Leben, das Vater und Bruder auf einem kleinen Bauernhof teilen. Beide Filmemacher reisen persönlich zu den Screenings an.

Brauchtumspflege

Bäuerliches Leben steht auch im Mittelpunkt eines Schweizer Beitrags. In Nicolas Steiners Dokumentarfilm Kampf der Königinnen (2011) prallen Kuhkörper mächtig aufeinander. Der Regisseur inszeniert die im Kanton Wallis traditionellen Ringkuhkämpfe in Westernmanier, in Zeitlupe und Schwarz-Weiß - aber er beleuchtet auch die Hintergründe. Nicht mit unschuldigen Murauer Kühen nachmachen, bitte! (Isabella Reicher, DER STANDARD, 3.7.2012)