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Heinz Fromm ist seinen Job los.

Foto: Reuters/Peter

Berlin - Als Konsequenz aus den Ermittlungspannen im Fall der Neonazi-Mordserie in Deutschland gibt Heinz Fromm sein Amt als Präsident des deutschen Bundesverfassungsschutzes auf. Fromm sei über das Fehlverhalten von Mitarbeitern seiner Behörde erschüttert und zutiefst besorgt über den dadurch entstehenden Vertrauensverlust in den Verfassungsschutz, erklärte Innenminister Hans-Peter Friedrich am Montag. Er versetze den 63-Jährigen auf eigenen Wunsch in den Ruhestand und betonte, die persönliche Integrität Fromms stehe außer Zweifel.

Vergangene Woche war bekanntgeworden, dass die Behörde unmittelbar nach Aufdeckung der Neonazi-Mordserie im November Akten zum Einsatz von V-Leuten in der rechtsextremen Szene vernichtet hatte. Zudem soll der Inlandsgeheimdienst vom italienischen Staatsschutz bereits 2003 Hinweise auf die mögliche Existenz von Terrorzellen erhalten haben. Abgeordnete von CDU, SPD und FDP zollten Fromm Respekt für seinen Schritt. Parteiübegreifend forderte die Opposition jedoch, die Arbeit des Dienstes nun grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen.

Fromm soll im Bundestag aussagen

Das 63-jährige SPD-Mitglied Fromm ist seit 2000 Chef des Verfassungsschutzes. Auch nach Ablösung der rot-grünen Koalition beließen die folgenden konservativen Innenminister den als uneitel und sachlich geltenden Beamten im Amt. Am Donnerstag soll Fromm vor dem Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen. Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung ist sein Stellvertreter Alexander Eisvogel als Nachfolger im Gespräch.

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach bedauerte Fromms Rücktritt. Er sei kein James Bond gewesen, sondern ein nüchterner Analytiker und guter Behördenleiter, sagte er der "Welt". Der FDP-Politiker Hartfrid Wolff vermutete hinter dem Rücktritt weitere brisante Erkenntnisse zu der Aktenlöschung. Der Rückzug zum jetzigen Zeitpunkt lasse vermuten, "dass hinter der jüngst bekanntgewordenen Aktenvernichtung mehr steckt, als bislang bekannt", erklärte er.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, zollte Fromm als zuverlässigem Mahner und Kämpfer gegen den Rechtsextremismus Respekt. Dies ändere jedoch nichts daran, dass das "System Verfassungsschutz" auf den Prüfstand gehöre. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, erklärte, der Verfassungsschutz habe sein Vertrauen verspielt. Die Behörde müsse nun durch Reformen und eine starke demokratische Kontrolle ihre Notwendigkeit beweisen. Auch der Links-Politiker Wolfgang Neskovic forderte eine grundlegende Reform der Behörde.

Wichtige Akten vernichtet

Zuletzt war der Bundesverfassungsschutz wegen der Mordserie an neun Einwanderern und einer Polizistin unter Druck geraten. Der rechtsextreme Hintergrund der Taten war im November 2011 nur durch Zufall ans Licht gekommen. Vor allem dem Thüringer Verfassungsschutz werden Versäumnisse und Fehler vorgeworfen. Vor einigen Tagen wurde dann bekannt, dass beim Bundesverfassungsschutz kurz nach Aufdeckung des Falles sieben Akten zur sogenannten "Operation Rennsteig" vernichtet wurden. Ein Referatsleiter habe das Schreddern der Akten just an dem Tag angeordnet, als die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen im Fall der Zwickauer Zelle an sich zog, hieß es in Sicherheitskreisen.

"Operation Rennsteig" war der Deckname für den Einsatz von V-Leuten, die dem deutschen Verfassungsschutz, dem Thüringer Verfassungsschutz und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD)zwischen 1997 und 2003 Informationen über den rechtsextremen "Thüringer Heimatschutz" (THS) liefern sollten. Dem THS gehörte auch das Neonazi-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe an, die für die Mordserie verantwortlich gemacht werden. (APA, 2.7.2012)