Es ist wie ein Befreiungsschlag, als Wolfgang Schmid, Drift-Großmeister und der einzige Mechaniker, der an die glu-Autos einen Schraubenschlüssel ansetzen darf, meint: "Und ich frag mich noch, welcher Trottel fährt bei der Hitze mit dem Motorradl? Hätte ich mir ja gleich denken können, dass du das bist."

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Die Hitze, ja, das könnte ein Grund sein. Am Weg zum Schmid hab ich mich nämlich schon gefragt, ob ich langsam richtig alt werde. Früher, da hab ich am Gas gedreht, dass der Ellenbogen das Erste war, das über die Ziellinie gekommen ist. Aber heute, auf der Super Ténéré, da bin ich geglitten. Und das Schlimmste: Es hat mir getaugt.

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Geschwindigkeitsbegrenzungen hätten mir nur in Kurven zum Verhängnis werden können. Auf den Zwischengeraden ist es schon hoch hergegangen, wenn ich die erlaubte Höchstgeschwindigkeit erreicht habe. Einen guten Teil der Strecke, raus von Wien nach Unterwaltersdorf, bin ich sogar auf der Zwischengeraden namens Autobahn gefahren.

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Da saß ich ganz entspannt auf der Super Trätärä, die Hände auf dem breiten Lenker, 120 auf dem Tacho und bemerke, wie rechts neben mir eine Raststation vorbeigezogen wird - während ich das Gefühl habe, dass selbes auch mit meinem Leben passiert. Der Akrapovic säuselt ungewöhnlich liebevoll in die Welt, der riesige Zwei-Zylinder ist der Taktgeber für den Puls und dreht gemütlich vor sich hin.

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Fahr ich über die Autobahn, weil ich zu alt für die Landstraße bin? Oder weil es eh wurscht ist? Gibt es am Weg nach Ebreichsdorf ja genauso viele Kurven wie in der Karosserie eines 80er-Jahre Taunus. Aber selbst nach der längsten Geraden kommt irgendwann eine Kurve - oder in Österreich zumindest ein Kreisverkehr. Das sind die Momente, in denen dann die Super Trätärä doch zum Leben erwacht. Bis kurz vorm Kurveneingang gilt es einfach, weiter zu nudeln. Erst im letzten Moment greife ich hart in die Bremse. Zwei-, dreimal runterhakeln, das Ruder in die Kurve drücken und am Kurvenscheitel den Gasgriff auf Anschlag drehen.

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Passieren kann ja nicht viel, mit der dreistufigen Traktionskontrolle. Da grummelt es höchstens am Hinterrad ein wenig. Bei 7.250 Umdrehungen liegen die vollen 110 PS an, schon knapp drunter das Drehmomentmaximum von 114 Newtonmeter. Der 1.200 Kubikzentimeter große Motor dreht sauber und kräftig nach oben. Nicht nur er selbst, sondern auch meine Mundwinkel. Der Akrapovic hört nach dem Runterschalten auf zu blubbern und brüllt ein martialisches Lied in die Welt, das übersetzt wohl sowas heißt wie: „Ich fress euch alle zum Frühstück."

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Doch das wäre dann doch zu viel. 261 Kilogramm bringt die Yamaha fahrfertig auf die Waage. Meine paar Kilos dazu. Die Daten von Rennmaschinen schauen anders aus. Dabei meine ich gar nicht nur die Super Ténéré, sondern mich. Ich war auch schon leichter und sportlicher. Ein Tribut ans Alter? Oder bin ich einfach ein fauler Hund?

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Während ich da so vor der Werkstatt stehe, noch im Kopf auf der Super Ténéré-Welle surfe und über mein Leben nachdenke, reißt mich der Schmid aus den Gedanken. „Was willst eigentlich da? Kannst ohne mich nicht mehr leben?" Gut, ich war erst gestern mit dem Auto da, weil der Kotflügel ein bisserl spinnt, aber deswegen von einer Abhängigkeit sprechen? Ich wollte nur fragen, wann ich morgen vorbeikommen kann, wegen der neuen Bremsen.

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„Da kannst nicht anrufen, sondern musst mit der Maschin herfahren? Werd erwachsen!" Der Weg nach Hause führt dann durch ein paar Kurven, die eigentlich so gar nicht zwischen Unterwaltersdorf und Wien liegen. Aber alle Wege führen nach Rom, ein Motor will gedreht werden und Fußrasten gehören auf den Boden. Das gilt auch für die der superflexiblen Super Ténéré.

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Yamaha Super Ténéré ABS

Motor: 2 Zylinder-4-Takt-Motor, 4 Ventile | Hubraum: 1.199 ccm
Leistung: 80,9 kW (110 PS) bei 7.250 U/min
Drehmoment: 114,1 Nm bei 6.000 U/min | Kraftübertragung: Kardan
Radaufhängung vorne: 43 mm USD-Gabel
Radaufhängung hinten: Schwingarm
Bremse vorne: Doppel-Scheibenbremse, Ø 310 mm
Bremse hinten: Scheibenbremse, Ø 282 mm
Reifen vorne: 110/80R19M/C | Reifen hinten: 150/70R17M/C
Gewicht fahrfertig: 261 kg | Sitzhöhe: 845 - 870 mm
Preis: ab 16.999 Euro

+Höchste Langstreckentauglichkeit, feiner Klang, ehrlicher Motor, feines Getriebe und knackige Bremsen.

- So einem Schiff hätte man nicht die Bürde der legendären Super Ténéré aufhalsen dürfen.

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