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Präsident Mursi mit Armeechef Tantawi.

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Kairo/Wien - Am Samstag wurde der neue ägyptische Präsident Mohammed Morsi vereidigt - am Tag danach rätselte Ägypten, was die betonte Ehrerbietung, die der Muslimbruder der Armee bei seiner Angelobung und danach bei einem separaten Auftritt vor Militärs erwies, bedeuten solle. Aktivisten aus dem revolutionären Lager, die dem Militärrat vorwerfen, an der Macht festzuhalten - so sind ja auch die Befugnisse des Präsidenten eingeschränkt - zeigten sich von Morsi enttäuscht.

Morsi sicherte dem Militär zu, dass es die Verantwortlichkeit für die Sicherheit des Landes behalten werde, bis der Polizeiapparat neu aufgebaut sei. Verschwörungstheoretiker sehen bestätigt, dass Islamisten und Militärs einen Deal zur Machtteilung abgeschlossen haben. Laut Al-Masry al-Youm hat Morsi den Militärs die Oberhoheit über ihr Budget und ihre internen Angelegenheiten zugestanden - sie stehen damit außerhalb der Verfassung -, dafür soll trotz der Parlamentsauflösung das von diesem Parlament gewählte Verfassungsgremium bestehen bleiben, in dem Islamisten die Mehrheit haben.

Morsi habe weiters dem Militär die Entscheidung über die Besetzung des Innen- und des Justizministeriums zugestanden. Verteidigungsminister wird ja ohnehin, wie das Militär in seiner ergänzenden Verfassungserklärung vor zwei Wochen festgelegt hat, Militärratsvorsitzender Hussein Tantawi. Anders als frühere Präsidenten ist Morsi auch nicht Oberkommandierender der Armee.

Eid vor Verfassungsgericht

Morsi legte seinen Eid, wie in dieser Verfassungserklärung vorgesehen, vor dem Verfassungshöchstgericht ab - was die Diskussion entfachte, ob damit Morsi die Erklärung, laut der der Militärrat die Aufgaben des aufgelösten Parlaments übernimmt, anerkannt habe. Die Muslimbruder-Partei FJP (Freiheit und Gerechtigkeitspartei), deren Vorsitzender Morsi war, hat ja angekündigt, weiter gegen die Erklärung ankämpfen zu wollen. Allerdings hat Morsi alle seine Ämter in der Muslimbruderschaft zurückgelegt. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 2.7.2012)