Bild nicht mehr verfügbar.

Eine Waffenmesse in Dubai: Das Geschäft mit Gerätschaften, die den Tod bringen, ist riesig und über weite Strecken legal. Aktivisten beklagen etwa die Legalität russischer Lieferungen nach Syrien. 

Foto: APA/EPA/Haider

New York - 900 Millionen Handfeuerwaffen gibt es auf der Erde. Das ist eine für jeden achten Menschen, Kinder eingerechnet. Mit Milliarden verschossenen Kugeln sind sie die wahren Massenvernichtungswaffen. Heute, Montag, beginnen bei den Vereinten Nationen in New York Verhandlungen über eine Begrenzung des Waffenhandels. Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht - aber einige wollen sich das Geschäft nicht verderben lassen.

Mehr als sechs Milliarden Dollar werden jedes Jahr mit Panzern und Pistolen umgesetzt. Sie kommen aus den USA und Indien, Großbritannien und Brasilien, Frankreich und Mexiko, Deutschland und Südafrika - vor allem aber aus Russland und China. Die Kalaschnikow ist die tödliche Königin aller Handfeuerwaffen. Die AK-47 schaffte es auf die Flagge Mosambiks, und in Afrika ist "Kalash" ein Bubenname. Einer Studie zufolge sterben jedes Jahr 200.000 bis 400.000 Menschen durch Handfeuerwaffen.

"Es geht um Kontrolle"

"Menschenrechtsverletzungen werden mit konventionellen Waffen begangen, mit Panzern und Artillerie, vor allem aber mit Pistolen und Gewehren", sagt Katharina Spieß. Sie ist für Amnesty International in New York dabei. "Es geht gar nicht um Abrüstung, es geht um Kontrolle. Waffenhandel ist erst einmal nichts Schlimmes. Aber er wird zur Tragödie, wenn die Waffen in falsche Hände fallen." Spieß nennt den Sudan oder russische Lieferungen nach Syrien: "Ob man es glaubt oder nicht: All das ist noch völlig legal."

Amnesty, Oxfam und andere wollen die "goldene Regel" zur weltweiten Pflicht machen: "Niemand darf Waffen exportieren, wenn die Gefahr besteht, dass mit ihnen Menschenrechte verletzt werden." Zudem müsse es Kon trollmechanismen geben, damit die guten Vorsätze nicht nur auf dem Papier stehen. Ähnliche Regelungen gibt es längst in der EU, doch die großen Waffenhändler sitzen woanders. Auch Deutschland setzt Milliarden mit Waffen um. Experten sehen aber einen Unterschied, ob man einem Nato-Partner eine Fregatte oder einem afrikanischen Warlord tausende Kalaschnikows verkauft.

Die Chancen für einen Kontrollvertrag stehen nicht schlecht. "Die Frage ist nicht ob, sondern wie", sagt Robert Lindner von Oxfam. "Es besteht natürlich die Gefahr, dass sich alle wieder nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen." So seien einige Staaten zwar für den Vertrag, aber gegen jede Einschränkung ihrer Souveränität. Immerhin: Die EU-Länder und auch die USA gehören zu den Unterstützern, und selbst die Russen haben ein Interesse, wird ihre Kalaschnikow doch millionenfach illegal kopiert. "Selbst wenn nicht alle an Bord wären, könnte der Vertrag Wirkung entfalten", sagt Lindner. Der Vertrag zur Ächtung von Landminen wurde auch von den größten Minenproduzenten nicht unterzeichnet, habe aber dennoch geholfen.

Rüstungsexperte Joachim Krause ist skeptischer. "Wenn die Großen nicht dabei sind, kommt ein Vertrag vielleicht zustande. Aber die konkreten Auswirkungen blieben gering", sagt der Kieler Professor. Ein Waffenhandelsvertrag - wenn er kommt - werde Kriterien beinhalten, die hinter dem zurückbleiben, was in Europa ohnehin schon gilt. (red, DER STANDARD, 2.7.2012)