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Barclays Präsident Bob Diamond steht ebenfalls unter Druck.

Foto: reuters/dylan martinez

London - Ein neuer Skandal um komplexe Finanzprodukte erschüttert die Londoner Bankenszene. Vier Branchengrößen haben sich auf Druck der britischen Finanzaufsicht zu Schadenersatzzahlungen an Verbraucher bereiterklärt. Die Aufseher gingen dem Verdacht nach, dass die Institute ihre Kunden bei Geschäften mit bestimmten Hedging-Produkten in die Irre geführt haben. Bei den Untersuchungen seien gravierende Missstände offengelegt worden, teilte die Finanzaufsicht am Freitag mit. Daraufhin sei mit Barclays, HSBC, Lloyds und RBS eine Einigung auf Schadenersatz für die Kunden erzielt worden. Mehrere Banken waren jüngst auch wegen der Manipulation wichtiger Marktzinsen ins Visier der Behörden geraten.

Über die Höhe der Zahlungen, die Barclays und die drei anderen Institute wegen der bemängelten Hedging-Produkte an ihre Kunden leisten müssen, wurde zunächst nichts bekannt. Experten zufolge könnten sie zwischen mehreren Millionen und einigen Milliarden Pfund liegen. Lloyds erklärte am Freitag umgehend, die Einigung würden nicht gravierend zu Buche schlagen.

Keine Derivate mehr für Privatikunden

Die Ansprüche auf Schadenersatz dürften kleinere Unternehmen geltend machen, die den Geldhäusern bestimmte Produkte zur Absicherung gegen Zinssteigerungen abgekauft hatten. Die Angebote reichten von Höchstgrenzen für die Zinsen auf Kredite bis hin zu komplexen Derivaten, die zu einem gewissen Grad in Zinsspekulationen mündeten. Die Banken haben nun zugesichert, letztere nicht mehr an Privatkunden zu verkaufen.

Die Vorwürfe gegen die Banken stehen in einer Reihe ähnlicher Skandale, die die Branche in den vergangenen zwei Jahrzehnten erschüttert hat. Die Industrie steht bereits vor Schadenersatzzahlungen von insgesamt mindestens neun Mrd. Pfund (11,27 Mrd. Euro) an Kunden, die sich beim Kauf von Kreditversicherungen falsch beraten fühlten.

Barclays im Kreuzfeuer

Barclays steht auch in dem jüngsten Skandal um Zinsmanipulationen besonders in der Schusslinie. Das Institut unter der Leitung des umstrittenen Chefs Bob Diamond hatte am Mittwoch mit den US-amerikanischen und britischen Behörden einen Vergleich über knapp eine halbe Milliarde Dollar geschlossen. Doch der britische Finanzminister George Osborne drohte allen betroffenen Managern mit strafrechtlichen Ermittlungen.

Auf die staatlich gestützte RBS könnten in dem Fall Zahlungen von bis zu 150 Mio. Pfund zu kommen, wie die Zeitung "The Times" am Freitag berichtete. RBS sicherte wie viele andere Banken abermals zu, mit den Behörden zu kooperieren. In den seit Monaten laufenden Untersuchungen - unter anderem in den USA, Großbritannien und der Schweiz - geht es um den Vorwurf der Manipulationen des weltweit gültigen Interbanken-Zinssatzes Libor. (APA, 29.6.2012)