"Lighthouse"

Foto: ACT/Edel

JARRETT/GARBAREK/DANIELSSON/CHRISTENSEN sleeper (ECM/Lotus)
Bisweilen tut es gut und ist auch recht lehrreich, in die Vergangenheit hineinzuhorchen. Und so wandern wir zurück zu jenem 16. April 1997 in Tokio, als die hitzige Gemeinschaft aus Keith Jarrett (Klavier), Jan Garbarek (Saxofon), Palle Daniesson (Bass) und Jon Christensen (Schlagzeug) einen magischen Augenblick hatte. Bei improvisierenden Künstlern ist ja der Moment entscheidend. Erwischt er einen guten, in dem alles stimmt, die inneren und äußeren Musikgötter gewogen sind und auch die Kollegen gut drauf, ereignet sich das schwer wiederholbare Besondere. Und hier war es der Fall. Ganze zwanzig Minuten dauert das erste Stück Personal Mountain und zeigt wie das einst etwa mit Jan Garbarek war. Der Norweger, der im Laufe der Jahre immer sparsamer zu spielen begann, allerdings zu einer Ästhetik griff, die immer wieder am Kitsch anstreift, ist hier noch in der Phase des Hitzigen. Er hat Energie und keine Furcht vor dreckigen Tönen. Zusammen mit Jarrett, den man wohlig stöhnen hört (ein Markenzeichen), schaukelt er sich zu inspirierter Unmittelbarkeit hoch, die man mittlerweile bei Garbarek vermisst. Tolle Sache, tolle Band. Jarrett hört man übrigens am 8. Juli im Konzerthaus im Trio beim Jazzfest Wien.

SIMCOCK/GARLAND/SIRKIS Lighthouse (ACT/Edel)
Da man schon beim einflussreichen Klavierepiker Keith Jarrett war, etwas zur nachrückenden jungen Generation, also zum Waliser Gwilym Simcock (Jahrgang 1981), der in seinen Solokonzerten eindeutig Einflüsse von Jarrett aufweist. Der in England mit Preisen überhäufte und einst von Chick Corea mit netten Worten Bedachte ("Er ist ein Original, ein kreatives Genie!"), wählt hier die Trioformation mit interessanten Kollegen: Da ist der versierte Drummer Asaf Sirkis, und vor allem ist da Saxofonist Tim Garland. Schon im knackigen Eröffnungsstück Space Junk hört man diese Mischung aus Virtuosität, Klangfülle, Leichtigkeit und Ideenreichtum, die Garland ausmacht. Das Stück taugt indes auch als Symbol für das meiste, was auf der CD folgt. Da sind schnittige lineare Themen zu hören, dann rhythmisch prägnante Ausführungen der Themen und Arrangements abseits des Üblichen - von handwerklicher Präzision getragen. Natürlich zeigt Simcock auch seine epische Seite. Man höre etwa Wax Lyrical, wo er nicht nur leichtfüßig eröffnet ... Erfrischend und poetisch, ohne aber je ins Oberflächliche abzudriften.

BUGGE WESSELTOFT Songs (Jazzland)
Dass er ein tiefgründiger Pianist mit dem Hang zum poetischen Grübeln ist, weiß man etwa von seiner auch schon lange zurückliegenden Zusammenarbeit mit der Sängerin Sidsel Endresen. Danach wurde Bugge Wesseltoft vor allem mit seinem Mix aus Jazz und Clubbinggrooves bekannt, das er als "New Concept of Jazz" vermittelte. Und es war tatsächlich in der gelungenen Art, wie moderne Strömungen des Populären mit Klavierexkursen verschmolzen wurde, etwas Überraschendes. Hier allerdings geht es um das ganz andere, traditionelle: Völlig auf sich selbst gestellt, taucht Bugge in die Welt der alten, im Jazz für Improvisationen gerne herangezogenen Hadern wie My Foolish Heart, How High The Moon oder Moon River. Und siehe da: Es ist eine Angelegenheit voller Leichtigkeit geworden, nicht radikal, sehr atmosphärisch und von jenem Minimalismus durchdrungen, für den Bugge bürgt. Alles schließt mit Coltranes an sich rasanten Giant Steps: Bugge jedoch macht daraus eine lyrische Meditation. (tos, Rondo, DER STANDARD, 29.6.2012)