Russlands Institutionen sollen demokratischer werden - sagt Präsident Wladimir Putin.Und so soll auch der Föderationsrat, das Oberhaus des Parlaments, künftig zumindest teilweise gewählt werden. Bisher schickte jede Region zwei Vertreter - einen Senator entsandte das Regionalparlament, einen der Gouverneur.

Die Reform des Föderationsrats wird seit längerem diskutiert. Vorgesehen war eine direkte Wahl der Senatoren. Nun verschmilzt Putin die wiedereingeführten Gouverneurswahlen mit dem Thema: Jeder Bewerber für das Gouverneursamt stellt sich zusammen mit seinen drei Kandidaten für den Senatorenposten zur Wahl. Die Bürger stimmen dann über das beste Paket ab.

Welchen seiner drei Kandidaten der Gouverneur nach seiner Wahl zum Senator macht, bleibt dabei ihm überlassen. Den Vorschlag, auch die Senatoren direkt wählen zu lassen, hat Putin gestrichen - angeblich, damit die Mitglieder eines Teams nicht miteinander konkurrieren. Putin ist vom Erfolg dieser Neuerung überzeugt: Die Gouverneure in spe würden sich hüten, der Öffentlichkeit dubiose Senatorenkandidaten zu präsentieren, wenn sie dadurch riskierten, die Wahl zu verlieren, so der Kremlchef.

"Das sind keine Wahlen, sondern allenfalls halbe Wahlen", kritisiert Nikolai Lewitschew, Chef der Duma-Partei Gerechtes Russland. Den Bürgern komme hier lediglich die Rolle eines Filters zu. Wie sich der Föderationsrat zusammensetze, könnten sie aber weiterhin nicht bestimmen. Der Moskauer Politologe Alexander Kynjow erklärte, die Reform diene dazu, die Demokratisierung als erledigt "abzuhaken", ohne tatsächlich Veränderungen vorzunehmen.

Die Kritik ertönt auch deshalb, weil die Bürger in ihrer Wahl durch den „präsidialen Filter" ohnehin stark eingeschränkt sind. Putin hat nämlich das Recht, ihm nicht genehme Gouverneure auszusieben. (André Ballin aus Moskau/DER STANDARD, 29.6.2012)