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Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist wild entschlossen, sich von nichts und niemandem vom einmal eingeschlagenen Weg abbringen zu lassen.

Foto: reuters/thomas peter

Als Angela Merkel am Mittwoch ans Rednerpult des deutschen Bundestags tritt, um wieder einmal eine Regierungserklärung vor einem EU-Gipfel abzugeben, ist ihr mehr Aufmerksamkeit als sonst gewiss. Wird sie es wieder sagen? Wird sie wieder so dramatisch werden? Das fragen sich nicht nur die Abgeordneten.

Gemeint ist eine Aussage der deutschen Kanzlerin vom Vorabend, die in Deutschland für großes Aufsehen sorgt. Nach Angaben von Teilnehmern betonte sie vor der FDP-Bundestagsfraktion, es werde keine Eurobonds geben "so lange ich lebe". Derart dramatisch zugespitzte Äußerungen kennt man von Merkel nicht.

Doch in ihrer Erklärung wiederholt sie dies nicht. Gleichwohl macht Merkel deutlich, dass sie äußerst kampfeslustig nach Brüssel fährt und wild entschlossen ist, die deutsche Haltung zu verteidigen. Und diese ist mit jenen Vorschlägen, die Ratspräsident Herman Van Rompuy gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Zentralbank-Präsident Mario Draghi und Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker verfasst hat, einfach nicht vereinbar.

Das Quartett fordert unter anderem eine europäische Bankenunion mit gemeinsamen Krisenfonds und gemeinsamer Einlagensicherung. Außerdem soll ein Fonds zur Tilgung von Altschulden aufgelegt werden. Mittelfristig sollen die Euro-Staaten dann gemeinsame Kredite aufnehmen können, also die bei Merkel so verpönten Eurobonds auflegen.

"Ich widerspreche entschieden der in dem Bericht niedergelegten Auffassung, dass vorrangig der Vergemeinschaftung das Wort geredet wird", sagt Merkel im Bundestag. Erst an zweiter Stelle würden Kontrolle und einklagbare Verpflichtungen genannt. "Somit stehen Haftung und Kontrolle in diesem Bericht in einem klaren Missverhältnis", klagt sie.

Illusionslos nach Brüssel

Merkel verheimlicht nicht, dass sie mit einem schwierigen Gipfel rechnet: "Ich mache mir keine Illusionen. Ich erwarte in Brüssel kontroverse Diskussionen." Auf jeden Fall aber werde sie weiter an ihrer Meinung festhalten, dass die Staatsschuldenkrise nur durch strukturelle Reformen in den wettbewerbsschwachen Krisenländern gelöst werden können.

Sie fürchte aber, dass bei dem Treffen "wieder viel zu viel über alle möglichen Ideen für eine gemeinschaftliche Haftung und viel zu wenig über verbesserte Kon trollen und Strukturmaßnahmen gesprochen wird". Eurobonds, Euro-Bills und Schuldentilgungsfonds zur Bewältigung der Schuldenkrise seien in Deutschland aber verfassungsrechtlich nicht möglich. Und, so Merkel: "Ich halte sie auch ökonomisch für falsch und kontraproduktiv."

SPD sieht Schulmeisterei

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wirft Merkel daraufhin vor, ihre schwarz-gelbe Bundesregierung trage mit einer "Mischung aus Fehldiagnose von Krisenursachen und darauf gegründeter Schulmeisterei" bloß zur Verschärfung der Krise bei.

Dennoch wird die SPD am morgigen Freitag bei der entscheidenden Abstimmung über den dauerhaften Eurorettungsschirm ESM und den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin im Bundestag Merkel unterstützen. Für den Fiskalpakt ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, die erreicht Merkel nur mit den Stimmen der Opposition. Für die Beschlüsse zum ESM ist nach Ansicht der Regierung eine einfache Mehrheit ausreichend. Zur Sicherheit strebt Schwarz-Gelb nun jedoch auch hier Zwei-Drittel-Votum an.

Denn bezüglich des ESM droht ohnehin Ungemach. Die Linke hat bereits Klagen beim Verfassungsgericht angekündigt, da sie durch die Beschlüsse die Budgethoheit des Parlaments beeinträchtigt sieht. Das Gericht in Karlsruhe at Bundespräsident Joachim Gauck daher, mit seiner Unterschrift noch zu warten. Der ESM kann daher erst später in Kraft treten. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 28.5.2012)