Der Verteidigungsminister tanzt aus der Reihe: Norbert Darabos (mit einem Fast Militär-Sakko) lässt sich von den Hubschraubern ablenken.

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Klagenfurt - Norbert Darabos bemüht sich, nicht aus der Reihe zu tanzen. Eine Khaki-Hose hat sich der Verteidigungsminister angezogen und eine olivgrüne Jacke, die auf den ersten Blick als Uniformoberteil durchgeht. Darabos verwendet sie gern bei Truppenbesuchen. So wirkt der einstige Zivildiener nicht wie der Fremdkörper, für den ihn mancher Soldat im Bundesheer hält.

Doch die Gefahr, mit dem Feind verwechselt zu werden, besteht beim Jägerbataillon 25 ohnehin nicht. Brigadier Thomas Starlinger begrüßt den Minister von der SPÖ mit einem kaum kaschierten Plädoyer für ein Berufsheer, und auch beim Unterhaltungsprogramm lassen sich die Militärs nicht lumpen. Fallschirmjäger segeln vom Himmel, Hubschrauber kreisen, Soldaten stürmen, das Gewehr im Anschlag, ein fiktives Waffenlager. Rundherum lauern zu Ölgötzen erstarrte Schützen, die mit ihrer zotteligen Tarnung wie aus Alpentälern entflohene Perchten aussehen.

Niemand könne nach einer solchen Schau an der Leistungsfähigkeit des Heeres zweifeln, frohlockt Darabos. Was ihm, der die Wehrpflicht "lieber heute als morgen" abschaffen will, besonders gefällt: Unter den Kämpfern findet sich kein einziger Präsenzdiener.

Im Jägerbataillon 25 in der Klagenfurter Khevenhüller-Kaserne zieht Darabos eines jener Pilotprojekte durch, mit denen er das Berufsheer probt. Völlig ohne Grundwehrdiener will Österreichs einzige Luftlandetruppe künftig auskommen. In zwei Jahren soll ein 530 Köpfe starker Musterverband stehen, der für sämtliche internationale Einsätze geeignet ist. Bis dato haben sich 300 Bewerber gemeldet.

Brigadier Starlinger, Kommandant der übergeordneten 7. Jägerbrigade, weint den Präsenzdienern nicht nach. Die 3800 Wehrmänner pro Jahr in seinem Verband kosten 10.000 Euro pro Kopf, doch brauchen könne er sie weder für Auslandsmissionen noch für Katastrophenhilfe: "Sie haben kaum einen operativen Nutzen."

Wie dieses Personal ersetzt werden könnte, soll im Pilotprojekt getestet werden. Geplant ist ein Mix aus Berufskräften und befristeten Zeitsoldaten, die mit Zuckerln gelockt werden. Schon das Grundgehalt von 1370 Euro netto pro Monat liege über dem Durchschnittsverdienst in einer zivilen Tätigkeit, so das Versprechen. Im Auslandseinsatz kommen 1600 Euro dazu, und nach Vertragsende gibt es noch einmal 200 Euro pro absolviertem Monat drauf - Geld, das quasi angespart wurde.

Damit nach Verpflichtungsende niemand in der Arbeitslosigkeit landet, ist eine Berufsförderungsphase vorgesehen: Über die Dauer von einem Drittel der geleisteten Dienstzeit kassiert der Exsoldat weiterhin 75 Prozent des Grundbezugs, außerdem übernimmt das Heer Ausbildungskosten.

Überalterte Armee

Wenn ein Offizier etwa zwölf Jahre diene und mit Anfang 30 ausscheide, reiche die Absicherung zeitlich durchaus für ein Studium, meint Starlinger, der sich von dem System eines erhofft: Ein Stopp der "Überalterung", also mehr einsatzfähige "Indianer", dafür weniger "lebenslange Häuptlinge" in der Verwaltung. Er wolle sich nicht in die Nesseln setzen, ergänzt Darabos, aber für 60-Jährige habe eine Armee eben nur begrenzte Verwendung.

Auch die beiden anderen Pilotprojekte Darabos' laufen an: Zwei für den Katastrophenschutz zuständige Pionierkompanien - in Salzburg und Melk - sollen mit jeweils 115 Milizsoldaten aufgestellt werden und ab 2013 einsatzbereit sein. Für eine Prämie von 5000 Euro müssen die Freiwilligen rund zwei Wochen pro Jahr für Übungen parat stehen. Außerdem sollen an verschiedenen Bundesheerstandorten die Grundwehrdiener ersetzt werden.

Doch wie an Freiwillige herankommen, wenn bei einem Fall der Wehrpflicht auch die Musterung fällt? Diese müsste auch bei einem Berufsheersystem nicht restlos gestrichen werden, sagt Darabos. Nur bekäme die Stellung dann wohl das Etikett einer Gesundheitsvorsorge verpasst. (Gerald John, DER STANDARD, 28.6.2012)