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Dirk Notheis von Morgan Stanley ist das Lachen vergangen. Er nimmt nun eine Auszeit. Die Führungsaufgaben der Investmentbank in Deutschland und Österreich hat der Aufsichtsratsvorsitzende Lutz Raettig übernommen. Die operativen Aufgaben im Tagesgeschäft nimmt der Vorstand wahr.

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Das Urteil, das der Landesrechnungshof von Baden-Württemberg am Dienstag veröffentlichte, fällt ziemlich vernichtend aus. 2010, als die frühere schwarz-gelbe Landesregierung den Energieversorger EnBW (Energie Baden-Württemberg) verstaatlichte, habe dieser Deal "in wesentlichen Teilen nicht den Anforderungen genügt, die aus der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung folgen".

Es ist eine weitere Ohrfeige für den damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU). Politisch belangt werden kann er nicht mehr: Er und seine schwarz-gelbe Landesregierung wurden im März 2011 ohnehin abgewählt und von Grün-Rot abgelöst.

Für eine andere zentrale Figur der Affäre hingegen ist die Karriere erst jetzt ruiniert: Dirk Notheis, bislang Deutschland- und Österreich-Chef der Investment-Bank Morgan Stanley, hat den Aufsichtsrat seiner Bank um eine Auszeit gebeten. Wie lange diese dauern soll, ist unklar. Man munkelt aber, dass dies der erste Schritt zum Rücktritt ist.

Jugendfreunde

Mappus und Notheis sind Jugendfreunde und haben den Deal quasi im Alleingang durchgezogen - am Landtag vorbei, was der Stuttgarter Staatsgerichtshof später als verfassungswidrig wertete.

Sogar CDU-Abgeordnete im Stuttgarter Landtag waren überrascht, als Mappus dort am 6. Dezember 2010 die Verstaatlichung von EnBW verkündete. Zuvor hatte das Land vom französischen Energieversorger EdF für 4,7 Milliarden Euro dessen 45-Prozent-Anteil zurückgekauft.

EnBW betrieb damals vier Kernkraftwerke, die deutsche Regierung hatte gerade eine Laufzeitverlängerung beschlossen, und Mappus wollte kurz vor der Wahl Wirtschaftskompetenz zeigen. Fukushima war zu jener Zeit nicht mehr als ein Punkt auf einer japanischen Landkarte.

13 Millionen Euro kassierte Morgan Stanley für die Beratung. Darin hatte Notheis Erfahrung. Er war in Deutschland am Börsengang der Postbank beteiligt, in Österreich am Verkauf der Bawag.

"Angela töten"

Ein nun veröffentlichter E-Mail-Verkehr zeigt, wie sehr sich Mappus dabei vom Banker steuern ließ. "So ein Deal ist nicht ganz einfach für Ordoliberale. Du solltest idealerweise einen renommierten Volkswirt haben, der das Ganze gut findet. Es sollte jemand sein, der Dir einen Gefallen schuldet", diktiert Notheis.

Als die Franzosen Bedenken anmeldeten, riet er, mit "Mutti" zu drohen - also mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Notheis zeigte sich auch überzeugt, dass Mappus "Angela mit seinen Truppen töten" könne, da die CDU-Baden-Württemberg so viele Delegierte auf CDU-Parteitagen stelle - drei von zehn. Notheis räumt per Mail auch ein, dass der Preis, den das Land an die Franzosen zahlte, "mehr als üppig" war.

Für die nun amtierende grün-rote Landesregierung unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann dürfte das ein Euphemismus sein. Sie ist überzeugt, dass das Land für das Geschäft sogar zwei Milliarden Euro zu viel Steuergeld bezahlt hat. Deshalb legte sie im Februar Schiedsklage vor der Internationalen Handelskammer in Paris ein. Außerdem prüft sie Schadenersatzforderungen an Morgan Stanley. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 27.6.2012)