Szene aus Mathias Windelbergs "Klettergarten" (2012).

Foto: Mathias Windelberg

Wien - Ein künstlerisches Medium leidet unter der allgemeinen Zeitknappheit stets ganz besonders: Film- und Video. Und je größer die Ausstellung, umso drohender die Gefahr des Vorübereilens statt Verweilens. Auch bei der jährlichen Präsentation der Abschlussarbeiten an der Akademie der bildenden Künste ist das nicht viel anders. Die zeitfressenden Abstecher ins Filmfach lohnen sich jedoch.

Bei einem ausgedehnten Ausflug stößt man im Stiegenhaus des Atelierhauses (ehem. Semperdepot) auf Mathias Windelbergs 17-Minüter Klettergarten (Klasse Video Dorit Margreiter). Die ist ganz bewusst dort positioniert, denn stetes Treppauf und Treppab prägt die Arbeit seiner Protagonisten: Prospektausträgern. Windelberg fängt mit wunderbaren Kamerabildern die Atmosphäre ihres harten Alltags ein, blickt auf Randfiguren, die nahezu unbeachtet durch unsere Stiegenhäuser und an unserem Leben vorbeihechten.

Mit der Absenz von Ton experimentieren zwei andere Arbeiten: Während Selma Doborac (Filmklasse Harun Farocki) eine Erzählung zu den Bombardements des Bosnienkriegs in textlicher Form über tonlose Bilder einer Autofahrt legt, zeigt Elisabeth Kortschak (Performanceklasse Carole Dertnig) einen verstummten Konzertsaal. Sie ließ Pianist Paul Gulda auf einem digitalen Flügel spielen. Der Ton wurde nur auf wenige Kopfhörer im Saal übertragen. Der Großteil des Publikums hörte nichts. Kortschaks innovative Arbeit erhielt ebenso wie die sehenswerte Langdokumentation von Filip Antoni Malinowski einen Würdigungspreis. Im Porträt seiner Großeltern zeigt sich ein Stück Zeitgeschichte bis in die kapitalistische Gegenwart. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 27.6.2012)