Es ist bemerkenswert, wenn das Vorwort zur Biografie eines Menschen, der von Altbundeskanzler Wolfgang Schüssel als das "österreichische Gesicht des Islam" apostrophiert wurde, von einem Vertreter der evangelischen Kirche verfasst wird. Der Grund dafür, dass Bischof Michael Bünker authentische Worte über Vita und Wirken Anas Schakfehs gefunden hat, liegt einerseits darin, dass Schakfeh, als er 1964 als Medizinstudent aus Syrien nach Österreich gekommen war, eine Zeitlang im evangelischen Albert-Schweitzer-Haus wohnte, andererseits in der Tatsache, dass in der zwölf Jahre dauernden Periode, die Schakfeh als Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich prägte, die Zusammenarbeit mit dem Christentum intensiviert wurde.

Selten war die Rolle des Islam, der exakt vor 100 Jahren - anno 1912 - in Österreich als offizielle Religionsgemeinschaft gesetzlich anerkannt worden war, in der westlichen Welt so präsent wie in der vergangenen Dekade. Die Anschläge von 9/11 in New York, soziale Unruhen und ein veritabler Diskurs innerhalb Europas sowie Metamorphosen in der " arabischen Welt" fielen in die Amtszeit Schakfehs als Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. In einem seiner ersten offiziellen Interviews im Jahr 1999 sprach sich Schakfeh in einem Appell an die Mitglieder seiner Gemeinschaft für "ein Zusammenleben im Geist der Nachbarschaft" aus. Nachbarschaft bedeute "Offenheit, Gesprächsbereitschaft, Hilfsbereitschaft" und realisiere Zusammenleben, das von "Respekt und Akzeptanz" geprägt sei.

Der aus Ried im Innkreis stammende, 1981 geborene Politikwissenschaftler Farid Hafez folgt in seiner Biografie den Spuren des 1943 in Hama geborenen, in Damaskus aufgewachsenen jüngsten Sohnes eines Textilhändlers und ehemaligen Offiziers der Osmanischen Armee. Naturgemäß fokussiert Hafez vor allem die Periode der offiziellen Funktion Anas Schakfehs, der mit dem "Modell Islam in Österreich" ein Exempel statuierte, wie Islam und Demokratie miteinander vereinbar sind. Der in seiner exponierten Position nicht immer Unumstrittene, aber stets nach Konsens Suchende wurde 2008 mit dem Stern um die Verdienste um die Republik Österreich, 2010 mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Stadt Wien gewürdigt. In seiner Laudatio betonte Bundespräsident Heinz Fischer "positive Wirkungen (...) weit über Österreich hinaus." (Gregor Auenhammer, DER STANDARD, 26.6.2012)