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Tausche Einsparungen gegen Gebührenrefundierung: Am Küniglberg braut sich neues Ungemach zusammen.

Foto: APA/Georg Hochmuth

Wien - Der erste Schritt der Programmreform ist "so klein", darüber werde Kathrin Zechner "nicht stolpern": Sagt ein ORF-Aufsichtsrat nach der Präsentation des "Step 1" in der "Programmreformkette" der Fernsehdirektorin.

Am Montag informierte Zechner die Publikumsräte im Programmausschuss über ihre Pläne. Darunter ein Mittagsmagazin, eine Version der versteckten Kamera, ein Beratungsformat und eine Reportageleiste mit Mari Lang am Mittwoch, die Donnerstagnacht am Dienstag.

Nicht stolpern dürfte Zechner damit jedenfalls im Publikumsrat am Dienstag und am Donnerstag im Stiftungsrat, die ihren Schemaänderungen zustimmen sollen.

Zwischen Holpern und Stolpern schien indes Zechners Chef die vergangenen Wochen unterwegs: ORF-Chef Alexander Wrabetz vergraulte seine Stiftungsräte mit stark wechselnden Berechnungen über einen künftigen ORF-Standort in Wien-St. Marx. Der Neubau gilt dem Bürgermeister Wiens für seine Unterstützung bei der ORF-Generalswahl 2011 als versprochen; Wrabetz könnte mit den Berechnungen die Ablehnung provoziert haben, vermuten ORF-Kenner. Das jedenfalls dürfte ihm - auf Kosten des eigenen Bildes in Öffentlichkeit und Aufsichtsrat - gelungen sein.

Die zuständige Arbeitsgruppe des Stiftungsrats lehnte St. Marx ab. Diese Woche könnten die Stiftungsräte versuchen, Wrabetz mit einer Empfehlung auf die bisherigen Standorte Küniglberg und womöglich auch Argentinierstraße festzulegen.

Marx Brothers

Undurchsichtige Eigentumsverhältnisse bei einer Betreibergesellschaft tragen dazu bei: Die Technologieagentur ZIT, Minderheitseigentümerin beim Media Quarter Wien (MQM), will einen Wirtschaftsprüfer untersuchen lassen, wen sie da so an Bord hat. Der private Partner, die VBM Beteiligungsmanagementgesellschaft GmbH, operiere mit Geldern aus der Schweiz und der Ukraine, hieß es. Die Spuren sollen weiter bis in eine karibische Steueroase reichen. Auch der umstrittene kasachische Ex-Botschafter in Österreich, Rachat Alijew, wurde in diesem Zusammenhang genannt. In Absprache mit der VBM prüfe die BDO Austria, ließ das ZIT verlauten. Das - mögliche, aber inzwischen unwahrscheinliche - ORF-Grundstück gehört nicht der MQM.

Kräftig rumpeln ließ es Wrabetz am Montag: In einer Sondersitzung der Geschäftsführung und per Brief an den Betriebsrat stellt er betriebsbedingte Kündigungen, eine Nulllohnrunde, Auslagerungen, Abbau von Leiharbeitskräften und freien Mitarbeitern in Aussicht. "Ein Drohbrief" für Zentralbetriebsratschef Gerhard Moser.

Die Belegschaftsvertreter haben vor wenigen Tagen weitere Verhandlungen über einen neuen ORF-Kollektivvertrag abgelehnt. Die ORF-Führung hatte offenkundig darauf gebaut - nun muss sie nach eigenem Bekunden heuer 15 Millionen Euro einsparen.

Wrabetz und Finanzdirektor Richard Grasl begründen das mit den Sparvorgaben des ORF-Gesetzes. Sie sind Bedingung für 30 Millionen Euro jährlichen Zuschuss des Bundes an den ORF. Damit gilt die Republik dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen Teil der Gebührenbefreiungen ab.

Schaffe der ORF die 15 Millionen Euro nicht, fehlten ihm heuer insgesamt 45 Millionen - bei zusätzlichen Kosten etwa für Zechners Programmpläne.

Hornberger Schießen

Wrabetz und Grasl drohen neben ihrem Arsenal an Sparmaßnahmen auch mit Kündigung des bestehenden Kollektivvertrags. Und doch sprachen hochrangige ORF-Kenner von einem "Hornberger Schießen": Der "Drohbrief" schließe fast kleinlaut mit dem Vorschlag, doch über einen neuen Kollektivvertrag weiterzuverhandeln.

Der ORF schrieb 2011 9,1 Millionen Gewinn, als Konzern 3,8 Millionen; wegen Pensionsrückstellungen etwas weniger als die vorläufigen Zahlen. (APA/fid, DER STANDARD, 26.6.2012)