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Xabi Alonso, der perfekte Sechser, trägt die 14.

Foto: Reuters

Warschau/Kiew - Die Franzosen konnten ihnen nicht das Wasser reichen, folglich konnten es Xavi Hernandez und Kollegen auch nicht in Wein verwandeln. Jedoch nur daheim, in Spanien, erntete das Spiel der Furia Roja ungeteilte Zustimmung. "Die ersten 45 Minuten waren spektakulär. Die Mannschaft spielte großartigen Fußball und ließ Frankreich nicht einmal am Ball riechen", schrieb die in Barcelona erscheinende El Mundo Deportivo. "Alonso beendet den Monolog", titelte die Madrider El Mundo und frug sich, wer keine Angst vor Spanien habe, das mit einer Ruhe spiele, "die seine verzweifelten Gegner in eine schlechte Kopie von sich selbst verwandelt".

Zwerg von links

Zumindest die portugiesische Presse zeigt keine Angst vor dem Halbfinalgegner, der die Seleccao das Quinas am Mittwoch in Donezk empfängt. "Die Spanier wollten Ronaldo - jetzt kriegen sie ihn", schrieb Diario de Noticias aus Lissabon. Allerdings führt die allgemeine Fixiertheit auf den Kapitän offensichtlich langsam zu Spannungen im polnischen Trainingslager der Portugiesen. "Dieses Team funktioniert als Kollektiv. Cristiano ist unserer Leader, keine Frage, aber wir sind nicht von ihm abhängig", sagte Ricardo Costa. Der Innenverteidiger genießt jedoch eher einen Status wie der sprichwörtliche siebente Zwerg von links. Und auch eine Handgreiflichkeit während des Trainings in Opalenica hätte Coach Paulo Bento mehr Sorgen bereitet, wenn sie sich nicht bloß zwischen den Ersatzleuten Miguel Lopes und Ricardo Quaresma zugetragen hätte. "Wir müssen etwas ruhiger werden", sagte Bento und ließ die Sache damit auf sich beruhen.

Vorteil Pause

Tatsächlich ein wenig getroffen hat den Coach der Ausfall von Helder Postiga. Der Stürmer von Real Saragossa hatte sich im Viertelfinale gegen Tschechien (1:0) eine Oberschenkelverletzung zugezogen, ist aber eher verzichtbar als Pepe und Fabio Coentrao, die am Samstag wegen Blessuren das Training vorsichtshalber abbrachen. Ihnen kommt zugute, was Spaniens Coach Vicente del Bosque für den größten Vorteil der Portugiesen hält - die zwei Tage Pause mehr vor dem iberischen Halbfinale.

Dass die jüngste Partie gegen den kleinen Nachbar mit 0:4 verloren ging, kratzt Del Bosque dagegen nicht. Diese Niederlage trug sich in aller Freundschaft am 17. November 2010 zu. Wenige Monate zuvor hatten die Spanier Portugal bei der WM auf dem Weg zum ersten einschlägigen Titel im Achtelfinale mit 1:0 besiegt. Die Bilanz spricht mit 17 Siegen bei nur fünf Niederlagen aus 34 Spielen eindeutig für den Europameister.

Xabi Alonso, in seinem 100. Länderspiel mit seinen zwei Treffern gegen die Franzosen aus dem Schatten von Spielgestalter Xavi Hernandez getreten, sieht dem Duell mit den Portugiesen, mit seinem Real-Teamkollegen Ronaldo recht entspannt entgegen. "Auf uns wird da keine Überraschung zukommen. Cris spielt schon das ganze Jahr auf extrem hohem Niveau", sagte der 29-jährige Baske, nach Rekordler Iker Casillas (134), dessen Torhüter-Vorgänger Andoni Zubizarreta (126), Xavi (113) und Raul Gonzalez (102) erst der fünfte Spieler, der in der spanischen Dress hundert oder mehr Spiele absolviert hat. Raul will er noch bei dieser EURO einholen.

Primus inter Pares

Für den "Schweiger von Tolosa", der in der verwichenen Saison mit Real Madrid erstmals spanischer Meister geworden war, ging Del Bosque von seinem Grundsatz ab, keinen seiner Spieler besonders hervorzuheben. " Xabi ist ein kompletter Sechser. Er weiß immer genau, wo er hinspielen muss, hat einen großen Teamgeist und auch offensive Qualitäten, wie die zwei Tore unterstreichen." (sid, red, DER STANDARD, 25.6.2012)