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Am häufigsten trat die Erkrankung bei unter Einjährigen auf, die noch nicht geimpft sein können.

Foto: apa/gindl

Die Experten des Departments für Virologie der MedUni Wien stellen in eine "Masernrenaissance" fest. "Um es kurz zu machen: Die Masernsituation in Europa im Jahr 2011 war mit über 35.700 Fällen katastrophal". In ihrer Virusepidemiologischen Information wiesen die Experten vor einigen Tagen vehement darauf hin, dass es offenbar in Europa zu einer Rückkehr der potenziell ausrottbaren Erkrankung kommt. Sie kann schwerste und sogar tödliche Komplikationen auslösen.

Am meisten Fälle in Frankreich

Die Fachleute Eva Geringer und Heidemarie Holzmann in dem Bericht: "Besonders betroffen war Frankreich mit 15.076 Fällen, gefolgt von Italien, Rumänien, Spanien und Deutschland; auf diese fünf Länder entfielen über 90 Prozent der Infektionen. An schweren Komplikationen waren unter anderem 1.482 Pneumonien und 27 Enzephalitiden (Gehirnentzündungen, Anm.) sowie insgesamt acht Todesfälle (Frankreich sechs, Deutschland und Rumänien je einer, Anm.) zu verzeichnen."

Großes Risiko für Säuglinge

Die Crux: Am häufigsten trat die Erkrankung bei unter Einjährigen auf, die noch nicht geimpft sein können. Zu ihrem Schutz wäre die Immunisierung möglichst vieler Menschen in der Gesellschaft notwendig, weil die Krankheit extrem ansteckend ist. Auf der anderen Seite haben Säuglinge das größte Risiko, an der tödlichen subakuten sklerosierenden Panenzephalatis zu erkranken, die als fortschreitende Gehirnentzündung unweigerlich zum Tod führt.

Die Fachleute: "Einen wesentlichen Anteil am Ausbruchsgeschehen in Europa hatten wieder traditionell ungeimpfte Gruppen, darunter anthroposophische Gemeinschaften, ethnische Minderheiten wie die Roma und neu in den Ländern eingetroffene Migranten und Flüchtlinge. Europa ist vom Ziel der WHO, die Masern bis zum Jahr 2015 zu eliminieren, weiter entfernt als in den Jahren zuvor!"

Fallzahl verdoppelt

Auch Österreich ist da noch längst nicht optimal unterwegs. Die Virologinnen: "Entsprechend der hohen Masernvirusaktivität in Europa hat sich 2011 auch in Österreich die Fallzahl mit 122 gemeldeten Fällen im Vergleich zu den beiden Vorjahren (52 bzw. 50 Fälle) mehr als verdoppelt (Komplikationen: Otitis media, Hepatitis, Meningitis und Pneumonie). Bei einem Teil handelte es sich um nachweislich eingeschleppte, sporadische Infektionen, vor allem aus Frankreich und aus unseren Nachbarländern. Allerdings kam es auch zu einigen Infektionsketten innerhalb von Familien sowie in einer steirischen Kaserne (acht Fälle). Im letzten Fall war der Indexpatient ein ungeimpfter Rekrut rumänischer Abstammung."

Es infizierten sich auch 2011 wieder Ungeimpfte im Bereich des medizinischen Personals, wodurch Risikopatienten vermeidbaren Infektionsquellen ausgesetzt waren. Der Großteil der Masernfälle trat in Wien (etwa 55), gefolgt von der Steiermark und Tirol mit je unter 20. Die meisten Infektionen traten bei Ungeimpften in der Altersgruppe der 15 bis 29 Jährigen auf (48 Prozent), aber auch in Österreich war die Gruppe der Säuglinge und Kleinkinder (bis vier Jahre) mit einem Anteil von 24 Prozent stark betroffen. (APA, 24.6.2012)