Wallis Simpson (Andrea Riseborough) macht sich gut vor Meeresschaum und in den Armen des Thronfolgers (James D'Arcy).

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Dass ihr Erfahrung als Regisseurin fehlt, sieht man nicht nur am Wechselspiel von Zuviel und Zuwenig an Inszenierung.

Wien - Welche die "größte Liebesgeschichte des 20. Jahrhunderts" war, wurde bisher nicht offiziell ermittelt, es fehlt dazu auch das entsprechende Liebesnobelpreiskomitee. Nun hat allerdings Popsuperstar Madonna einen Film gedreht, mit dem sie zu diesem Thema eine starke Meinung vertritt.

Für sie war die Beziehung zwischen dem britischen Thronfolger Edward VIII und der Amerikanerin Wallis Simpson die größte Romanze des vergangenen Jahrhunderts. Madonna erzählt diese Geschichte aber nicht einfach als klassischen Kostümfilm (nach einem Drehbuch von Alek Keshishian), sie nähert sich ihrem Thema vielmehr aus der jüngeren Vergangenheit.

1998 kommen in New York in einem weltberühmten Auktionshaus die Verlassenschaften von Edward und Wallis zum Verkauf. Und in der Ausstellung, die der Versteigerung vorangeht, verliert sich förmlich eine junge Frau namens Wally Winthrop (Abbie Cornish), die in freud- und kinderloser Ehe mit einem untreuen Arzt lebt, und die auch gern einmal so geliebt werden würde wie Wallis damals von ihrem königlichen Herzallerliebsten. Wallys Blick fällt auf die kostbaren Stoffe, die erlesenen Teetassen, das Geschmeide und die persönlichen Dinge von einst, und so bleibt der Film W. E. bis zu einem gewissen Grad ihre persönliche Vision.

Ein Jahr nach dem Tod des größten Prinzessinnenidols, Lady Diana Spencer, taucht Wally Winthrop noch einmal in eine Ära ein, die politisch kompliziert war (Edward galt den Konservativen als dubios, weil er zugleich linke und rechte Ideen zu haben schien) und in der es noch undenkbar gewesen wäre, dass ein König eine geschiedene Bürgerliche ehelicht. Damals gab es auch noch keine TV-Serien wie The Tudors, die allem Anstand Hohn sprachen.

Die angehende königliche Hoheit (James D'Arcy) bleibt eine der großen Leerstellen im Film, es wird nie so richtig klar, was seine Liebe ursprünglich ausmacht. Das könnte wiederum auf die Unschärfe der Erzählposition zurückzuführen sein, vielleicht ist es ja tatsächlich Wallys persönliche Fantasie, die wir präsentiert bekommen. Und sie interessiert sich nun einmal viel stärker für ihre Wahlverwandte, für Wallis (Andrea Riseborough), die zu Beginn gleich einmal brutal verdroschen wird (von einem ganz und gar unmajestätischen Ehemann), dann aber bald ein äußerst passables höfisches Geschöpf abgibt.

Leblose Figuren

Sie liest sofort jedes sozialreformerische Buch, von dem Edward ihr erzählt, mixt hervorragende Martinis und spielt Klavier. Sie ist also die perfekte Salondame, und auch im Meeresschaum macht sie sich gut. Madonna erzählt all dies stimmungsvoll, häufig mit exquisiter Musikuntermalung.

Dass ihr die Erfahrung als Regisseurin fehlt, sieht man an Details, an ungeschickter Verkettung von Bildern, an einem Wechselspiel von Zuviel und Zuwenig an Inszenierung. Sie greift gern zu Naturmetaphern, die Figuren aber bleiben leblos, als wären sie Ausstellungsstücke. "Hast du nichts Besseres zu tun?", fragt Wallis ihre Bewunderin Wally einmal quer durch die Zeiten. Diese Frage ist im Grunde an Madonna selbst gerichtet, und es ist nicht so, dass der Film W. E. darauf eine überzeugende Antwort wäre. (Bert Rebhandl, DER STANDARD, 23./24.6.2012)