Max Beckmann, Kreuzabnahme, 1917.

 

Foto: Museum of Modern Art

2004 London. 2010 Brüssel. Jedoch erst jetzt, 2012, El Greco umfangreich in Deutschland - in Form von 33 Gemälden und elf Werkstattarbeiten, die man in Düsseldorfs Museum Kunst Palast als einen Jahres-Kunsthöhepunkt im Rheinland sehen kann. Übrigens: ausgerechnet in Düsseldorf. Dort ignorierte man 1912 zehn zum Verkauf stehende El-Greco-Gemälde aus einer Privatsammlung. Nun, 100 Jahre später, folgt in thematischer und finanzieller Hinsicht also quasi die Wiedergutmachung: 1,7 Millionen aus dem Stadtsäckel Düsseldorfs, 300.000 Euro von der Kulturstiftung NRW - El Greco und die Moderne ist insgesamt wohl ein Ausstellungs-Schwergewicht von gut drei Millionen Euro.

El Grecos "Nachfolger"

Wobei: Gerade in Deutschland wurde der Künstler El Greco spätestens mit der Sonderbund-Ausstellung (1912) von einem genuin deutschen Moderne-Phänomen, dem Expressionismus, mit Kniefall entdeckt: Ausdruckskunst-Vater stieß auf Ausdruckskunst-Vatermörder. Auch legte der Kunsthistoriker Julius Meyer-Graefe mit Die spanische Reise 1910 die ersten El-Greco-Bände vor. Mit dieser Ausstellung kann man denn auch die zahlreichen Verbindungen der Moderne zu El Greco anhand von 150 Werken von 35 Künstler studieren.

Es sind dies etwa Max Beckmann, Oskar Kokoschka, Wilhelm Lehmbruck oder Edwin Scharff, der 1907 in Paris Cézanne besuchte. Zuvor war er bei Grünewald in Lothringen gewesen. Dann jedoch ging es zu Madrids Prado, und auf dem Weg zu Velasquez wurde er durch El Grecos farblich lodernde Gewänder auf aschfahl gelängten, verdrehten Heiligen-Figurinen vom manierierten Esoterikhammer getroffen.

Ein Volltreffer für die Ecce-Homo-Schauer-Neigungen des expressionistischen Weltkriegs-Jahrzehnts. Wobei sicherlich übersehen wurde, dass "der Grieche" sich in Toledo, der katholischsten Stadt Spaniens, als eine Art malender Propagandist der Inquisition profilierte.

Fraglos ein Erlebnis für uns heute aber, El Grecos (1541 auf Kreta als Domenikos Thoetókopoulos geboren, 1614 in Toledo gestorben) Bilder wie Das fünfte Siegel oder den Laokoon im Original sehen zu können. Das war nicht nur Abstraktionen und kompositorische Virtuosität 300 Jahre vor ihrer Zeit. Klar aber auch: Kaum thematische Volltreffer liefern die Bilder etwa des kubistischen Picasso oder August Mackes und weiterer rheinischer Expressionisten.  (Gerald Gross aus Düsseldorf, DER STANDARD, 21.6.2012)