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 Rund 15 Prozent der wegen einer Hypertonie Behandelten gelten als therapieresistent. Ihnen könnte der neue Therapieansatz zugutekommen.

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Wien - Etwa 15 Prozent der Menschen mit zu hohem Blutdruck sprechen auch auf blutdrucksenkende Arzneimittel (Antihypertensiva) nicht ausreichend an oder vertragen sie nicht. Für diese Menschen könnte es jetzt eine neue Therapieform geben: Die sogenannte Renale Denervierung. Dabei wird mit einem in die Nierenarterie vorgeschobenen Radiofrequenz-Katheter durch kurzfristiges Erhitzen das Geflecht des Sympathikus-Nervs um die Arterie teilweise ausgeschaltet. Die Ansprechraten sind 70 Prozent und höher, hieß es bei einer Pressekonferenz in Wien.

"Man schätzt, dass in Österreich rund 2,5 Millionen Menschen Bluthochdruck haben. Aber nur die Hälfte weiß davon - und nur rund 800.000 sind ausreichend behandelt", sagte Bruno Watschinger, Spezialist von der Klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse der MedUni Wien am AKH. Die Nieren spielen mit der Regulierung des Wasserhaushaltes des Körpers und der Produktion von Blutdruck kontrollierenden Botenstoffen (Renin-Angiotensin-System) eine zentrale Rolle.

Ein Zwiegespräch von Impulsen über den Nervus sympathicus zwischen Gehirn und Nieren steuert offenbar diese Funktionen. Von Hypertonie spricht man, wenn der Blutdruck anhaltend mehr als 140/90 mmHg beträgt. Schlaganfall, Herzinfarkt sowie Herzinsuffizienz und chronisches Nierenversagen sind die gefährlichen Konsequenzen.

15 Prozent der Betroffenen sind therapieresistent

"Wir haben eine Unzahl von Medikamenten in der Blutdruckbehandlung. Wir können ausgezeichnet behandeln. Aber etwa 15 Prozent der wegen einer Hypertonie Behandelten gelten als therapieresistent", erklärt Watschinger. Das ist definitionsgemäß der Fall, wenn trotz des Einsatzes von drei verschiedenen Arzneimitteln oder mehr (eine entwässernde Substanz muss dabei sein) keine ausreichende Kontrolle des Blutdruckes erfolgt.

Rund 80 Jahre nach der ehemals praktizierten chirurgischen Denervation um die Nierenarterien herum - das Verfahren wird wegen schwerer Nebenwirkungen seit Jahrzehnten nicht mehr verwendet - gibt es jetzt eine neue Methode. Der Nephrologe: "Diese neue Methode der Blutdruckbehandlung zielt darauf ab, das sympathische Nervengeflecht entlang der Nierenarterie zur durchbrechen. (...) Man kann damit vor allem die gefährlichen Blutdruckspitzen verhindern." Das Verfahren sollte nicht als "Ersatz" für die Medikamente propagiert werden, weil das zu große Hoffnungen wecke.

Vorgehensweise

Weltweit wurden bereits mehr als 5.000 Menschen behandelt, in Österreich sind es derzeit rund 200. Franz Leisch von der 1. Internen Abteilung am Linzer AKH, der das Verfahren in Österreich vor etwa zwei Jahren erstmals etablierte: "Man führt durch die rechte Leistenarterie einen Radio-Niederfrequenz-Katheter ("Simplicity"/Medtronic) mit einer Sonde an der Spitze bis in die Nierenarterie ein. An vier bis sechs spiralförmig verteilten Punkten in einem Abstand von einem halben bis einem Zentimeter wird für je zwei Minuten die Außenwand der Arterie mit den Nervenenden auf 60 bis 70 Grad Celsius erhitzt." Das legt das Nervengeflecht zu etwa 50 Prozent lahm und senkt damit den Blutdruck. Der Eingriff erfolgt unter Sedoanalgesie, einer Kombination aus Lokalanästhesie und Sedierungsmittel.

Die Ergebnisse sind offenbar ausgesprochen gut. Helmut Brussee von der Klinischen Abteilung für Kardiologie der MedUni Graz: "In einer klinischen Studie wurde eine Reduktion des systolischen Blutdrucks um 22 mm Hg systolisch und um zehn Millimeter Hg diastolisch binnen sechs Monaten erzielt. Nach zwei Jahren waren es minus 33 mmHg systolisch und minus 15 mmHg diastolisch." Das ist medikamentös nur sehr schwer erzielbar.

Kaum Nebenwirkungen

Etwa 90 Prozent der therapieresistenten Hypertonie-Patienten könnten für die neue Behandlungsform in Frage kommen. Brussee: "Die Ansprechrate beträgt am Beginn 69 Prozent und steigt innerhalb von drei Jahren auf hundert Prozent." Es gibt de facto kaum Nebenwirkungen. In Zukunft könnte das Verfahren auch bei Patienten verwendet werden, welche die Blutdruckmedikamente einfach nicht vertragen. (APA)