Wien - Die Migräne zählt zu den häufigsten und in schweren Fällen quälendsten neurologischen Erkrankungen. Eine Forschungsgruppe der MedUni Wien am AKH konnte jetzt bei Kindern und Jugendlichen einen Zusammenhang zwischen dem Restless-Legs-Syndrom und Migräne nachweisen. Diese Erkenntnis eröffnet auch neue Therapiechancen, teilte die MedUni Wien in einer Aussendung mit.

An Migräne leiden rund fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen. Jedes fünfte dieser Kinder hat außerdem auch noch ein Restless-Legs-Syndrom (RLS). Dieses zeichnet sich durch ein unangenehmes Gefühl in den Beinen aus, das vor allem in der zweiten Tageshälfte auftritt und sich bei Bewegung bessert. Die Folge können schwere Schlafstörungen sein.

Ein Forschungsteam rund um Stefan Seidel von der Universitätsklinik für Neurologie, Cicek Wöber-Bingöl von der Kopfschmerzambulanz der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Andreas Böck von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde stellte nun in einer aktuellen Studie einen deutlichen Zusammenhang zwischen Migräne und RLS fest.

Schlafstörungen als Ursache

Die Ursache sehen die Forscher in den durch RLS verursachten, teils massiven Schlafstörungen. Dazu Seidel: "Es ist bekannt, dass Migräne selbst zu Schlafstörungen führt. Bekannt ist aber auch, dass spezielle Schlafstörungen - wie zum Beispiel das RLS - die Einschlaflatenz verlängern, den Nachtschlaf deutlich fragmentieren, vor allem wenn im Schlaf sogenannte periodische Beinbewegungen auftreten, und damit die Migränesymptomatik verstärken."

Für Erwachsene gibt es zugelassene und wirksame Medikamente gegen RLS, etwa L-DOPA bzw. verschiedene Dopaminagonisten in Tabletten- oder Pflasterform, die ursprünglich aus der Therapie des Morbus Parkinson kommen. Bei Kindern und Jugendlichen empfehlen die Studienautoren hingegen einfache Verhaltensregeln. "Essenziell ist vor allem eine ausreichende Schlafhygiene. Das bedeutet, natürlich abhängig vom Alter der jungen Patienten, den Verzicht auf Zigaretten, Alkohol oder schweres Essen vor dem Schlafengehen. Auch TV, Handy und PC sollten in der Zeit vor dem Schlafengehen tabu sein.

Außerdem ist ein ausreichend langer Nachtschlaf wichtig", so Seidel. Zusätzlich raten die Wissenschaftler, einen Eisenmangel, eine Schilddrüsendysfunktion bzw. einen Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure auszuschließen und gegebenenfalls auszugleichen.

Migräne-Patienten haben häufiger ein RLS

Im Rahmen der RLS-/Migräne-Studie in Wien wurden jetzt Kinder und Jugendliche mit der Diagnose Migräne sowie Kinder und Jugendliche ohne Kopfschmerzen untersucht. Beiden Gruppen sowie einer Online-Gruppe wurden Fragebögen zur allgemeinen Charakterisierung (Alter, Gewicht, Größe, etc.), zum RLS und zur Tagesschläfrigkeit vorgelegt. Als konkretes Ergebnis zeigte sich, dass Kinder und Jugendliche mit Migräne signifikant öfter an RLS leiden. Bei Erwachsenen konnte dies bereits zuvor gezeigt werden, die Arbeit des Wiener Forschungsteams ist jedoch die erste dieser Art für eine pädiatrische Population.

Die Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, die bei Erwachsenen außerdem zu hohen indirekten Kosten (etwa durch Krankenstände) führt. Rund vier bis fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden an Migräne. Bis zum Erwachsenenalter steigt dieser Wert auf zehn bis 15 Prozent an, wobei ab Beginn der Pubertät rund doppelt so viele Frauen wie Männer unter Migräne leiden. Hier spielt offenbar oft auch der Hormonhaushalt eine Rolle. (APA, 20.6.2012)