Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek mit Erste Group-Chef Andreas Treichl (li.) und ÖBB-Generaldirektor Christian Kern.

Foto: Carina Karlovits

Ist es notwendig Frauen zu fördern? "Ja", lautet die Antwort der Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz ein „Instrument moderner Personal- und Organisationsentwicklung" vorstellte. Unterstützung holte sich die Frauenministerin von ÖBB-Chef Christian Kern und Andreas Treichl, Generaldirektor der Erste Group. ÖBB und Erste Group gelten laut Frauenministerin als Best Practice-Unternehmen, "in denen Frauenförderung bereits Realität ist".

Die Handlungsanleitung solle "positive betriebswirtschaftliche Effekte, wie etwa die Erhöhung der Gesamtleistung eines Unternehmens bringen", begründet Heinisch-Hosek ihre Initiative. Die gesetzliche Verankerung werde aller Voraussicht nach nicht zustande kommen, da die Widerstände von Seiten der Wirtschaftskammer zu groß seien. Befolgen österreichische Unternehmen den Frauenförderplan, könne das Brutto-Inlandsprodukt um 30 Prozent erhöht werden, erklärt sie. Die 16-seitige Handlungsanleitung werde an die 600 größten heimischen Unternehmen geschickt, denn "Diskriminierung ist immer eine Wachstumsbremse", meint die SPÖ-Politikerin.

Die Anleitung von Heinisch-Hosek gliedert sich in "Wo fange ich an?", "Ist-Analyse", "Zielvorgaben", ein ausführlicher "Maßnahmenanteil" sowie die Frage, wie es danach weiter gehen soll. Christian Kern und Andreas Treichl müssen sich diesen Fragen nicht mehr aussetzen, sitzen sie doch als beste Praktiker neben Heinisch-Hosek. Kern ist bemüht, die Bundesbahnen zu einem "normalen Unternehmen zu machen". Dies inkludiere auch die "Selbstverständlichkeit Frauen zu fördern". Auch wenn es bei den ÖBB um "Stahl, Beton und Loks" geht, hat Kern einen Plan entwickelt, um Frauen auf Schiene zu bringen: In der Lehrlingsausbildung befinden sich 20 Prozent junge Frauen, die Hälfte davon entscheide sich für einen technischen Beruf innerhalb des Unternehmens, sieben Prozent der Mitarbeiter haben bisher die Väter-Karenz in Anspruch genommen, für Österreich ein überdurchschnittlicher Wert.

"Beton und Stahl" versus Dienstleister

Insgesamt beträgt der Frauenanteil bei den ÖBB 8,5 Prozent. Bis 2015 solle dieser Anteil auf elf Prozent steigen, hat sich Kern zum Ziel gesetzt. Der Frauenanteil in der Führungsetage beträgt derzeit sieben Prozent und soll ebenso bis 2015 auf 15 Prozent erhöht werden. Kern räumte ein, dass diese Ziele zwar nicht "astronomisch" seien, aufgrund der traditionell männlichen Berufe und der Tatsache, dass das Unternehmen eher MitarbeiterInnen abbaue als aufnehme, habe man aber wenig Spielraum. Frauen zu fördern sieht der ÖBB-CEO als einen gesellschaftspolitischen Auftrag, um einen "Meinungs- und Kulturwandel bei jungen Menschen zu vollziehen".

Als Dienstleistungsunternehmen steht die Erste Group strukturell in einem gänzlich anderen Licht: Von den insgesamt 50.000 MitarbeiterInnen in ganz Europa stellen Frauen mit 71 Prozent das Gros des Personals. Im Management-Bereich hingegen sind in Österreich nur mehr 32 Prozent weiblich, in Serbien, erklärt Treichl, seien es hingegen 60 Prozent. "Aufgrund struktureller Probleme ist Österreich ein Schlusslicht", so der Banker. Probleme ortet er vor allem in der Mobilität und in Teilzeitmodellen. Zudem sei in Österreich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein wesentlicher Hemmfaktor bei der Besetzung von Stellen mit Frauen.

Frauenförderung "ist eine Frage der Produktivität und keine Frage der Frauen, sondern eine der gesamten Wirtschaft", summiert Treichl. Wenn "Österreich seinen Standort sichern will, müssen wir Frauen fördern". Das sieht auch die Frauenministerin so. Ihr Ziel ist es, Frauenförderung gesetzlich im Gleichbehandlungsgesetz zu verankern, wobei die Realisation dieses Vorhabens von ihr als nicht sehr wahrscheinlich eingeschätzt wird.

Geforderte Verpflichtung

Die ÖGB-Frauenvorsitzende Brigitte Ruprecht fordert in einer ersten Reaktion "verpflichtende Frauenförderpläne". Diese seien längst überfällig, so Ruprecht via Aussendung. Die Pläne der Frauenministerin seien zwar erfreulich, doch "die Entwicklungen zeigen, dass ohne verbindliche Regelungen Frauen keine echten Chancen eingeräumt werden". Eine andere Haltung nimmt das BZÖ ein: Mit Verpflichtungen und Strafen werde Heinisch-Hosek "keine Verbesserungen im Bereich der Gleichberechtigung in der Arbeitswelt erreichen". Die Betriebe bräuchten auch keine "gut gemeinten Tipps" im Sinne des am Mittwoch präsentierten Leitfadens, hieß es in einer Aussendung. (eks, dieStandard.at, 20.6.2012)