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Die Asiatische Tigermücke ist Wirt und Transportmittel für krankmachende Viren.

Foto: APA/Gustavo Amador

Die Asiatische Tigermücke ist ein kleines, jedoch ganz besonderes Tier. Das schwarz-weiß gestreifte Insekt ist zäh und ziemlich anpassungsfähig. Eigentlich in den Tropen zu Hause, kommt es auch in kühleren Breiten gut zurecht. Dass die Stegomyia albopicta so viel Aufmerksamkeit erfährt, hat damit zu tun, dass sie für den Menschen gefährliche Infektionskrankheiten übertragen kann. Dengue-, Gelbfieber- und Chikungunya-Viren nutzen die berühmte Mücke als Wirt und Transportmittel. 

Die weltweite Verbreitung des exotischen Tieres und damit diverser Tropenkrankheiten hat mehrere Gründe. Zum einen ist sie der zunehmenden Reisetätigkeit der Europäer und der globalen Erwärmung zu verdanken. Und zum anderen werden Eier und Larven der Mücke in gebrauchten Autoreifen und an Glücksbambus und Schnittblumen haftend in europäische Länder transportiert. Das Dengue-Fieber beispielsweise hat Frankreich im September 2010 erreicht. In der Gegend um Nizza sind damals die ersten zwei autochthonen Fälle aufgetreten, was so viel bedeutet wie: Die Infektion hatte nachweislich am Ort des Auftretens und nicht am Urlaubsort stattgefunden.

Klinische Überwachung

"Es handelte sich in Europa bislang immer nur um kleine oder kurzfristige Ausbrüche, da die Gesamtbevölkerung nicht mit den Erregern infiziert ist", sagt Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin an der Medizinischen Universität Wien. Ganz anders im asiatischen Raum: Dort ist das Dengue-Fieber endemisch, und die Lebensweise der Tigermücke kommt diesem gehäuften Auftreten der Erkrankung noch sehr entgegen. Im Gegensatz zu anderen Stechmückenarten ist die Aedes-Mücke nämlich tagaktiv und sucht für ihre Mahlzeit bevorzugt wache und aktive Menschen als Wirte auf. Nicht zuletzt deshalb wird sie beim Saugen häufig gestört und verjagt. Ein Mensch reicht kaum aus, um satt zu werden. Die Tigermücke sticht daher mehrere Wirte, und Krankheitserreger werden auf diese Weise über das Blut weitergegeben. 

"Auch wenn kranke Reisende nach Europa kommen, ist es hierzulande sehr unwahrscheinlich, dass die Erkrankung durch eine Tigermücke dann auch noch an einen anderen Menschen weitergegeben wird", so die Wiener Vakzinologin. Unwahrscheinlich deshalb, weil in Europa Tropenkrankheiten klinisch überwacht werden und entsprechende therapeutische Interventionen sowie Maßnahmen zur Mückenbekämpfung sofort getroffen werden können. Eine Durchseuchung der Bevölkerung wird so bereits im Keim erstickt.

Übertragung durch Vektoren

Von einer unkontrollierbaren Gefahr für Europa kann demnach laut Wiedermann derzeit nicht die Rede sein. Vor allem deshalb nicht, weil diese Erkrankungen nicht von Mensch zu Mensch, sondern durch Vektoren auf den Menschen übertragen werden. "Wir sollten viel mehr Sorge über die derzeitigen Masernausbrüche in Europa haben. Die Erkrankung wird sehr schnell von Mensch zu Mensch übertragen und könnte durch eine ausreichende Durchimpfungsrate von 95 Prozent, die wir leider in den meisten europäischen Ländern immer noch nicht erreicht haben, eliminiert werden", ergänzt die Expertin. 

Unbegründet sei auch die Angst, dass heimische Gelsen es den exotischen Mücken gleichtun. "Es müssten Mutationen stattfinden, damit die Viren in der Lage sind, sich einen anderen Wirt zu suchen", erklärt Wiedermann.

Insektenmonitoring

Trotz der Unwahrscheinlichkeit, dass Europa also von "einer Welle von Tropenkrankheiten überschwemmt wird", ist Österreich für Eventualitäten gewappnet. Seit 2011 hat die AGES in Koordination mit dem Gesundheitsministerium das Insekten-Monitoring verstärkt. An 37 Standorten werden nun Stechmücken beobachtet, um im Fall des Falles rechtzeitig eingreifen zu können. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDE) schickt beim Auftreten einer unbekannten Erkrankung einen Seuchenexperten vor Ort, um die Krankheit zu erforschen und wenn möglich eine Ausbreitung frühzeitig einzudämmen.

Um wertvolle Zeit bis zur korrekten Diagnose zu gewinnen, will Wiedermann vor allem das Bewusstsein in der Ärzteschaft erhöhen: "Wenn ein Urlauber in der Grippezeit Fieber bekommt, dann kann auch einmal eine tropische Infektionskrankheit dahinterstecken. Ärzte sollen daran denken, sonst kann es für den Patienten sehr gefährlich werden." (Regina Philipp, derStandard.at, 3.7.2012)