Mailand - "Die Italiener bringen nicht nur ihr Geld, sondern auch ihre Unternehmen ins Ausland", bestätigte der Präsident der italienischen Modekammer, Mario Boselli, den neuen Trend. Immer mehr italienischen Modefirmen siedeln sich in der Schweiz an - keine zehn Kilometer vom Grenzübergang Como Chiasso entstand ein neuer Modedistrikt.

Famose italienische Modefirmen haben hier ihre neuen Logistik-, Verwaltungs- und zum Teil auch Produktionsstätten aufgebaut. Rund 400 Millionen Euro wurden in den letzten drei Jahren investiert. Newcomer ist der Florentiner Gucci-Konzern, der an der Nordspitze des Lago Maggiore 40 Millionen Euro in ein neues Logistikzentrum steckte. Aber auch andere Modemacher, von Giorgio Armani über Versace, Guess, The North Face bis zu Ermenegildo Zegna haben ihre Quartiere in der Schweiz aufgeschlagen.

Mode-Valley

4000 Personen sind bereits im Mode-Valley beschäftigt. Der Grund für den Exodus ist einfach: In Italien fallen im Schnitt 43 Prozent Steuern an, in der Schweiz maximal 25 Prozent. Und was die Infrastrukturen, Transport- und Verwaltungskosten betrifft, so kommt man in der Schweiz ebenfalls besser davon.

Von dem Trend profitiert auch Österreich. Insbesondere Kärnten bemüht sich, italienische Investoren anzulocken. Mit Erfolg. Die in den letzten Wochen in Nordostitalien, aber auch in Mailand-Malpensa und in Varese abgehaltenen Investitionsseminare waren überfüllt. Etwa jenes Meeting in der Palldio-Villa Braida nahe Vicenza: 100 Interessenten wurden erwartet, 400 kamen, um sich über Vorteile in Kärnten zu informieren.

Bereits vor der Krise haben wichtige Unternehmer aus Nordostitalien, vom Stahlkonzern Danieli über Europlast bis zu Bonazzi und Fantoni in Kärnten investiert. Insgesamt gibt es in Österreich 1100 italienische Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 26 Mrd. Euro. Die Italiener sind nach den Deutschen die größten ausländischen Direktinvestoren. "Ich suche vor allem Sicherheit in Steuer- und Verwaltungsfragen und Abstand zur Politik", begründete der Kaffeemaschinenhersteller Maurizio Keber seinen Plan, in Österreich zu produzieren. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, 20.6.2012)