Auch der legendäre Kayapó-Häuptling Raoni Metuktire ist anlässlich des Uno-Gipfels nach Rio gereist. Er bekräftigte den Protest gegen den Amazonas-Staudamm Belo Monte.  

Foto: Standard/Dilger

Gastgeber Brasilien bemüht sich um einen Kompromiss für die Abschlussdeklaration.

 

Mit einer Protestaktion gegen den Amazonas-Staudamm Belo Monte begann am Wochenende der Völkergipfel vor der Rio+20-Konferenz über nachhaltige Entwicklung. Während am Zuckerhut der legendäre Kayapó-Häuptling Raoni Metuktire die Ablehnung der Indigenen gegen das Megaprojekt bekräftigte, marschierten am Ama zonas-Nebenfluss Xingu gut 200 Demonstranten mit Schaufeln zur Baustelle. Dort öffneten sie symbolisch einen Kanal, um den natürlichen Flussverlauf wiederherzustellen.

Danach stellten sie 200 Kreuze für die ermordeten Amazonas-Verteidiger auf. "Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen", erklärte die Indigene Sheyla Juruna, "wir werden den Bau noch stoppen." Im Gespräch mit dem Standard bestätigte Staatsanwalt Felício Pontes in Rio, es seien noch 14 Prozesse gegen Belo Monte anhängig. Wegen des großen Drucks der Öffentlichkeit rechnet er sich gute Chancen aus, dass die Klagen gegen den "völlig irregu lären, verfassungswidrigen Bau" bald vor dem Obersten Gerichtshof in Brasília landen.

Während die Zivilgesellschaft an der malerischen Flamengo-Bucht im Zentrum Rios ein breites Themenspektrum abarbeitet, bemühen sich Brasiliens Topdi plomaten um einen Kompromissvorschlag für die Abschlusserklärung des UN-Gipfels, der am Mittwoch beginnt. Dabei werde die größere Verantwortung des Nordens für die Umweltkrise bekräftigt, sagte Außenminister Antonio Patriota - die USA wollten das 1992 verabschiedete Prinzip der "gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung" entsorgen. Über einen Fonds zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklungsprojekte in den Ländern des Südens unter ausdrücklicher Berücksichtigung des Technologietransfers soll nun bis 2014 Einigung erzielt werden. Die Indus trieländer hatten einen Vorschlag zurückgewiesen, hierfür in Rio einen Fonds mit 30 Milliarden US-Dollar jährlich einzurichten.

Scharfe Kritik von China

Aus Protest verließ die Gruppe der Entwicklungsländer (G 77) samt China die Verhandlungen über "Grüne Wirtschaft". "Diese Konferenz darf nicht hinter das zurückfallen, worauf sich die in ternationale Gemeinschaft vor 20 Jahren geeinigt hat", erklärte Chinas Chefunterhändler La Yifan. "Die entwickelten Länder müssen die Krise lösen, die sie verursacht haben", sekundierte René Orellana aus Bolivien. Um den Eindruck eines Scheiterns zu verhindern, will Brasilien den Schutz der Meere forcieren.

Bislang konnten sich die Delegationen aus über 190 Ländern nur über ein Viertel der Abschlusserklärung einigen. Zum Gipfel in Rio werden 115 Staats- und Regierungschefs erwartet. US-Präsident Barack Obama, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der britische Premier David Cameron haben abgesagt. Auf dem heute beginnenden G-20-Gipfel in Mexiko will Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff ausführlich über den Verhandlungsstand in Rio berichten. (Gerhard Dilger aus Rio de Janeiro /DER STANDARD, 18.6.2012)