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Jubel bei den Anhängern der Sozialisten.

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Niedrige Wahlbeteiligung: Umfrageinstitute schätzen, dass sich 44 Prozent der Wähler enthalten haben.

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Ségolène Royal dürfte ihren Parlamentssitz verlieren.

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Paris - Der neue französische Präsident Franyois Hollande wird künftig als erster sozialistischer Staatschef mit Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments regieren können un hat nun freie Hand für seine Reformpolitik. Sechs Wochen nach seiner Wahl ging seine Parti Socialiste (PS) am Sonntag auch als große Siegerin aus dem zweiten Durchgang der Wahlen zur Nationalversammlung hervor. Laut dem offiziellen Ergebnis der Wahl, das in der Nacht auf Montag vom Innenministerium in Paris veröffentlicht wurde errangen die PS und ihre engen Verbündeten 314 der insgesamt 577 Sitze im Parlament.

Die konservative UMP (Union für eine Volksbewegung) und ihre Verbündeten, die bei der Parlamentswahl 2007 noch über 300 Sitze errungen hatten, stellen künftig nur noch 229 Abgeordnete. Einen Erfolg erzielte die rechtsextreme Front National (FN): Sie entsendet zwei Abgeordnete in die Nationalversammlung.

Umfassende Steuerrefor geplant

Im Senat, der zweiten Parlamentskammer, stellt die französische Linke bereits seit dem Vorjahr die Mehrheit. Hollande plant unter anderem eine umfassende Steuerreform, bei der Spitzenverdiener und Finanzinstitute deutlich stärker belastet werden sollen. Im Ringen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um den richtigen Weg aus der Euro-Krise wird Hollande ohne innenpolitische Kompromisse den französischen Kurs vorgeben können. Im Gegensatz zur deutschen Regierungschefin hält der 57-Jährige auch schuldenfinanzierte Wachstumsprogramme für ein gutes Mittel im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Rezessionssorgen. Am Wahlsonntag wurde bekannt, dass er insgesamt rund 120 Milliarden Euro als Wachstumsspritze für Europas Wirtschaft fordert.

PS-Parteichefin Martine Aubry interpretierte den Wahlsieg am Abend als klaren Auftrag zum Bruch mit der Politik des konservativen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy. Premierminister Jean-Marc Ayrault warnte dagegen: "Nichts wird einfach sein." Die Arbeitslosenquote in Frankreich stieg zuletzt auf den höchsten Stand seit Ende der 90er Jahre und liegt fast doppelt so hoch wie in Deutschland. Das Haushaltsdefizit lag 2011 über dem EU-Grenzwert von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Niederlage für Royal

Ein Wermutstropfen für die PS bei der Parlaments-Stichwahl war die Niederlage der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin und Spitzenpolitikerin Segolene Royal, Hollandes frühere Lebensgefährtin. Die 58-Jährige verlor in ihrem Wahlkreis gegen Partei-Dissident Olivier Falorni. Dieser war zum Entsetzen vieler Genossen ausgerechnet von Hollandes jetziger Lebensgefährtin Valerie Trierweiler öffentlich unterstützt worden. Royal nannte ihren Gegenkandidaten einen "Mann der Rechten" und sprach von "politischem Verrat". Auch ihr langjähriger Weggefährte und Ex-Kulturminister Jack Lang verlor sein Mandat.

Die Union für eine Volksbewegung (UMP) des am 6. Mai abgewählten Präsidenten Nicolas Sarkozy stürzte erdrutschartig ab und wechselt erstmals seit 2002 wieder auf die Oppositionsbank. Der Zentrumspolitiker Francois Bayrou steht vor dem Aus.

Zwei Abgeordnetensitze für Front National

Die rechtsextreme Front National (FN) wird dagegen erstmals seit 1998 wieder im Parlament vertreten sein. Trotz eines zweistelligen Prozentergebnisses auf Landesebene lag sie am späten Abend aber nur bei zwei Abgeordneten. Hintergrund ist das Mehrheitswahlrecht in Frankreich, das kleine Parteien ohne Bündnispartner stark benachteiligt.

FN-Parteichefin Marine Le Pen musste eine knappe Niederlage einstecken. Sie verlor in ihrem Wahlkreis gegen den sozialistischen Gegenkandidaten. Ihre 22 Jahre alte Nichte Marion Marechal-Le Pen wird dagegen Frankreichs jüngste Parlamentarierin. Marine Le Pen würdigt den Einzug der FN in die Nationalversammlung als Erfolg. Zweiter FN-Abgeordneter wird Staranwalt Gilbert Collard, der umstrittene Prominente - u.a. den Auschwitz-Leugner Bernard Notin - verteidigte.

Enttäuschung für Front de Gauche

Das extrem linke Wahlbündnis Front de Gauche um Jean-Luc Melenchon konnte mit dem Ergebnis hingegen nicht zufrieden sein. Es hätte sich Fraktionsstärke mit 15 Sitzen erhofft, wurde aber in Hochrechnungen nur bei zehn Mandaten gesehen.

Hollande hat bereits eine Reform des Wahlrechts angekündigt, das für die große Wahlmüdigkeit mit verantwortlich gemacht wird. Die Beteiligung lag Hochrechnungen zufolge bei 56 Prozent und damit etwa 24 Prozentpunkte unter dem Wert der Präsidentenwahl am 6. Mai. Alle angetretenen Kabinettsmitglieder gewannen nach Angaben der PS ihre Wahlkreise - sie bleiben damit in der Regierung. (APA, 18.6.2012)