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Oleg Blochin machte Dynamo zum Synonym für Kiew.

Foto: EPA/UEFA HANDOUT

Der Hälfte-Gastgeber der Fußball-EM hat trotz des 0:2 im zweiten Gruppenspiel gegen Frankreich noch realistische Chancen auf den Einzug ins Viertelfinale. Die Ukraine, die seit geraumer Zeit wahrlich nichts zu lachen hat, erlebt eine Phase der Freude, ja der Hoffnung.

Der Hoffnungsträger ist - spätestens seit dem 2:1 zum Auftakt gegen Schweden - ein älterer Mann, der im November seinen 60. Geburtstag feiert und als eher mürrischer Zeitgenosse gilt: Oleg Blochin, seit dem Vorjahr wieder Coach der Ukraine. Bei allem Zwist, welcher die Ukraine hin und her beutelt, war eines von Anfang an allen klar: Zur Heim-EM coachen konnte das Team nur Blochin, dessen Name schon in den 1970er-Jahren einen echten Wohlklang hatte. Auch oder gerade im Westen.

Oleg Blochin entstammte einer gut situierten Sportlerfamilie. Der Vater war Trainer im Fußballverband, die Mutter sowjetische Meisterin über 100 Meter Hürden. Von ihr erbte er den Antritt, den Waleri Lobanowskij als Trainer nutzte, um die schönste sowjetische Fußballmannschaft zu formen: Dynamo Kiew.

Von 1969 bis 1988 erzielte Linksaußen Blochin in 433 Pflichtspielen 211 Tore. Siebenmal wurden Dynamo und er - "Blokha", das heißt bei 1,80 Metern erstaunlicherweise: Floh - sowjetischer Meister, dreimal Cupsieger. Von 1973 an war er dreimal en suite sowjetischer Fußballer des Jahres, 1975 europäischer Fußballer des Jahres. Es war jenes Jahr, als Dynamo den Cup der Cupsieger gewann, ein Erfolg, den die Kiewer 1986 wiederholen konnten.

In all diesen Kiewer Erfolgsjahren bemühten sich Europas Spitzenklubs um das Ausnahmetalent. Er hätte wohl - no na - durchaus gewollt. Aber: "Es hätte nur einen Weg gegeben: vollständig zu emigrieren, meine Familie und meine Eltern zurückzulassen." Das wollte er den Seinen, Gattin Irina Deriugina, Gymnastik-Weltmeisterin, und Tochter Irischa, nicht antun.

Also ging er erst 1988 in den Westen. Dann aber gleich in die zweite österreichische Liga, zu Vorwärts Steyr, wo er in 41 Spielen neun - aufstiegssichernde - Tore erzielte, um sich dann noch ein Jahr im zypriotischen Limassol zu verdingen. Bis 2002 tingelte er coachend durch Griechenland, übernahm dann das ukrainische Team, führte es bei der WM 2006 ins Viertelfinale.

Und genau das soll am Dienstag gegen England wiederholt werden. Zumindest das.  (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 16.6.2012)