Betteln ist in den meisten Bundesländern verboten. Derzeit befasst sich der Verfassungsgerichtshof mit diesen Verboten. Als Mittel gegen die Bettelmigration haben die Verbote wenig gebracht.

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Salzburg - Für ÖVP-Sicherheitssprecher Florian Kreibich stellt sich die Sache ganz einfach dar: Auch nach dem Angriff türkischer Jugendlicher auf eine Gruppe Roma, die im Salzburger Stadtteil Lehen in einem Abbruchhaus hauste, müsse das Bettelverbot rigoros exekutiert werden. Eine Aufhebung des Verbotes wäre eine "Einladung an internationale Bettelbanden, noch mehr Menschen nach Salzburg zu verfrachten", sagt der Landtagsmandatar.

Aussagen wie diese findet der Schriftsteller und Publizist Karl-Markus Gauß hingegen höchst empörend. Mit Formulierungen wie "Bettlerbanden" oder "Romabanden" werde von Politikern wie auch von Medien das Feld für Gewaltausbrüche aufbereitet, warnt er. Für Gauß war Salzburg am Wochenende "nahe am Pogrom".

Als Publizist hat sich Gauß jahrelang mit der südosteuropäischen Roma-Kultur beschäftigt. Von kriminellen Bettlerbanden könne keine Rede sein, sagt er. Die Menschen seien in clanartigen Familienstrukturen organisiert, von Kriminalität keine Spur.

Forderung nach mobilem Betreuungsangebot

Dass beispielsweise Bettlern regelmäßig von anderen der Bettel abgenommen werde, liege daran, dass diese verhindern wollten, dass die Polizei den Bettelertrag eines ganzen Tages am Nachmittag einkassiere, versucht Gauß mit dem Vorurteil der "reichen Hintermänner" aufzuräumen.

Gauß trat am Freitag gemeinsam mit Menschenrechtsaktivisten vor die Medien. Josef Mautner, Vorsitzender des von der Stadt Salzburg eingerichteten "Runden Tisches Menschenrechte", plädiert für mehr konkrete Hilfe. Nach Grazer Vorbild sollte für Bettelmigranten eine Notbehausung mit Sanitäreinrichtungen geschaffen werden. Auch die Integrationsbeauftragte der Stadt Salzburg, Daiva Döring, und die Bürgerliste fordern Notunterkünfte, einen würdigen Campierplatz und mobile Betreuungsangebote.

Laut Stadtpolizeikommandant Manfred Lindenthaler hat die Polizei bisher sechs der bei dem Überfall auf die Gruppe Roma beteiligten Schläger ausfindig machen können.

Insgesamt dürften an die 20 junge Männer mit Eisenstangen auf die Roma losgegangen sein. Im Standard-Gespräch kündigte Lindenthaler weitere Ermittlungen an, die Arbeit der Exekutive sei aber schwierig. Alle von dem Mob angegriffenen Roma hätten die Stadt längst verlassen, Zeugen gebe es keine.

"Stadtteilarbeit"

Auch für Menschenrechtsaktivist Mautner ist die strafrechtliche Sanktionierung nur ein Aspekt der Aufarbeitung der Vorfälle vom Wochenende. Mautner setzt auf die Sozialvereine in den Stadtteilen. Diese sollten bereits präventiv zur Deeskalation beitragen. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 16./17.6.2012)