Wer den Vorplatz der chinesischen Botschaftsresidenz beim Wiener Schloss Schönbrunn fotografiert, wird verhaftet. So zumindest stellte es ein Security-Mitarbeiter der Vertretung kürzlich dar. Weil das Fotografieren von öffentlich einsehbaren Gebäuden aber kein Gesetz verbietet, relativierte die chinesische Botschaft: Man werde künftig davon Abstand nehmen, Menschen mit Kameras in den Händen zu tadeln.

Ich habe für diese Ausgabe von "Zehn Bilder" Botschaften in Wien fotografiert. Nicht als Mutprobe oder Provokation. Sondern weil es oft bemerkenswerte politische Statements sind, wie und wo Botschaften und Konsulate untergebracht sind.

Auf ein Beispiel machte mich schon vor einiger Zeit der Vorsitzende der IG Passivhaus, Johannes Kislinger, aufmerksam. Er erzählte bei einer Presseexkursion von der österreichischen Botschaft in Indonesien: Das Gebäude in Jakarta ist eines der ersten nach Niedrigenergie-Standard errichteten Häuser in den Tropen.

Das Bild zeigt ebenfalls ein markantes Aushängeschild, aufgenommen in Wien-Penzing: die Botschaft der Tschechischen Republik im ehemaligen Palais Cumberland, das sich die Vertretung unseres Nachbarlandes mit dem Max-Reinhardt-Seminar teilt.

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Französische Republik

Die französische Botschaft ist ein von Besuchern oft und gerne abgelichtetes Motiv. Das dürfte nicht zuletzt dem prominenten Standort am Schwarzenbergplatz geschuldet sein. Weil das im Art-Nouveau-Stil erbaute Haus bei seiner Errichtung zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht in die klassizistisch geprägte Nachbarschaft passte, wurden bald Gerücht laut, es seien irrtümlich die Pläne für die französische Botschaft in Istanbul umgesetzt worden. Das stimmt natürlich nicht.

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Bundesrepublik Deutschland

Stärker vergittert, dafür schnörkelloser präsentiert sich die deutsche Botschaft in Wien-Landstraße. Der Architekt Rolf Gutbrod entwarf den von 1959 bis 1964 errichteten Bau. Das Grundstück ist bereits seit 1877 im Besitz der Bundesrepublik beziehungsweise seiner Vorgängerstaaten. Lediglich während der Besatzungszeit zwischen 1945 und 1955 verfügte das Vereinigte Königreich und weiter bis 1957 die Republik Österreich über das Anwesen. Während der NS-Zeit befand sich darauf das "Haus der Wehrmacht".

Seine Residenz hat der oberste deutsche Diplomat in Österreich übrigens im Gebäude des früheren DDR-Konsulats in Wien-Hietzing.

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Vereinigte Staaten von Amerika

An der ehemaligen k.u.k. Konsular-Akademie in Wien-Alsergrund prangt das Wappen Österreich-Ungarns mit dem Spruchband "Indivisibiliter ac inseparabiliter" ("Unteilbar und untrennbar"). Darüber flattert die US-amerikanische Flagge im Wind. Als ich zu einer Nahaufnahme des ungewöhnlichen Motivs ansetze, tritt eine Dame mit Kurzhaarfrisur und Glock im Gürtelholster an mich heran. Durch das Metallgitter entspinnt sich ein kurzer Dialog zwischen der Mitarbeiterin einer privaten Security-Firma und mir.

- "Bitte nicht fotografieren!"
- "Warum nicht?"
- "Es ist nicht erwünscht."
- "Es ist aber auch nicht verboten, historische Gebäude in der Stadt zu fotografieren."
- "Verboten nicht, aber eben auch nicht erwünscht."
- "Und wenn ich es trotzdem mache?"
- "Dann werden Sie auch fotografiert."

Dass ich von der Presse bin, macht mein Vorhaben laut der Dame "noch schlimmer", als es ohnehin schon ist. Eher zufällig trifft mein Blick auf den Panzerglasverschlag vor der Botschaft, etwa 20 Meter von uns entfernt. Ein anderer Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hat seine Kamera auf mich gerichtet. Als er bemerkt, dass ich ihn registriert habe, lässt er den Apparat verstohlen sinken. Vor meinem geistigen Auge rattert das Foto durch die Algorithmen einer Gesichtserkennungssoftware. "O say does that star-spangled banner yet wave / O'er the land of the free and the home of the brave?"

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Demokratische Volksrepublik Korea

Die Sicherheitsvorkehrungen der nordkoreanischen Botschaft in Wien-Penzing nehmen sich dagegen nahezu unaufdringlich aus. Zwei Überwachungskameras behalten den Einfahrtsbereich des Palais Zichy im Blick, daneben können sich Passanten an einer Schautafel über das Land informieren. Dort heißt es unter dem Titel "Feiern des Tages des leuchtenden Sterns":

"Dass Kim Jong Il als leuchtender Stern von Paektu aufging, war ein Glück in der Geschichte der Nation, von dem die Tradition der revolutionären Sache in Korea konsequent fortgesetzt und die glänzende Zukunft von Kim Il Sungs Korea geöffnet wurde, und ein Ereignis in der Geschichte der Menschheit, dass man einen weiteren hervorragenden Führer in der Zeit der Souveränität begrüßte. Die glorreiche Geschichte der koreanischen Revolution, die über Jahrhunderte hinweg immer von Sieg gekrönt war, und die rühmenswerte Wirklichkeit Koreas, das einem mächtigen Staat zugewandt Sprünge nach vorn tut, stehen eben mit diesem Tag in Verbindung."

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Russische Föderation

Die Botschaft des größten Landes der Welt ist eine der wenigen mit einer eigenen Kathedrale. Das russisch-orthodoxe Gotteshaus zum heiligen Nikolaus wurde von 1893 bis 1899 als Botschaftskirche im Garten des Anwesens in Wien-Landstraße erbaut. Preis: 400.000 Rubel

Schon zwischen 1872 und 1873 ließ der Bankier Israel Simon das eigentliche Botschaftsgebäude im Stil der Wiener Neorenaissance errichten, 1891 erwarb es der Gesandte des Zaren, Fürst Lobanow-Rostowskij. 1961 trafen sich John F. Kennedy und Nikita Chrustschow in der damals noch sowjetischen Botschaft, 1979 kamen hier Leonid Breschnew und Jimmy Carter kurz vor der SALT-II-Unterzeichnung zusammen.

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Staat der Vatikanstadt (Heiliger Stuhl)

Mit einer Fläche von 0,44 Quadratkilometern ist der Vatikan der kleinste Staat der Welt, er fände fast 950-mal innerhalb der Wiener Gemeindegrenzen Platz. Seine Botschaften bezeichnet der Heilige Stuhl mit dem bedeutungsgleichen lateinischen Lehnwort als "Nuntiaturen" und davon unterhält er nicht wenig: Mit 188 Vertretungen ist der Vatikan einer der international bestvernetzten Staaten.

Der Kirchenstaat hat nur wenige Einwohner mehr als Botschafter, die knapp tausend Bürger* werden gegenüber Österreich vom Apostolischen Nuntius Peter Stephan Zurbriggen vertreten. Im Renaissance-Gebäude in der Theresianumgasse übernachtete auch Papst Johannes Paul II. während seiner drei Wien-Besuche.

 

* Unnützes Wissen des Tages: Der Vatikan ist der einzige Staat, für dessen Einwohner das offizielle Österreich keine Benennung hat.

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Arabische Republik Syrien

Wie sehr Botschaften tatsächlich Orte der politischen Willensbildung sind, zeigte sich im vergangenen Herbst, als die syrische Botschaft im dritten Wiener Gemeindebezirk gestürmt wurde.

Sie ist in einem unscheinbaren Nachkriegsbau untergebracht, vor dem laufend Polizisten Wache halten: Eine Hütte von der Größe einer Telefonzelle ist in der oberen Hälfte nach allen vier Seiten mit Einwegspiegeln beschlagen, so dass von außen nicht einzusehen ist, ob sich gerade ein Beamter darin aufhält und was er beobachtet. Solche Häuschen sind vor mehreren Botschaften zu sehen, genau wie transportable Absperrgitter, die bei Bedarf über die Gassen gezogen werden.

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Malaysia

Botschaften und Konsulate* häufen sich in Wien in der Innenstadt, den mondänen Villenvierteln Währings und Döblings sowie in den Gassen um das Schloss Belvedere an der Grenze zwischen dem dritten und vierten Bezirk.

Weitab davon, nämlich auf der anderen Seite der Donau, hat die Botschaft Malaysias ihr Quartier gefunden. Im 24. Stock des 113 Meter hohen Florido Tower unterhält der südostasiatische Staat auch eine eigene Wissenschaftsabteilung.

 

* Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass Konsuln nicht wie Botschafter direkt einer Regierung oder einem Staatsoberhaupt untergeordnet sind, sondern eher die Interessen der Bürger des Entsendestaats, vor allem auch in Handelsbeziehungen, vertreten sollen. Konsularabteilungen sind der Einfachheit halber oft in den Botschaftsgebäuden untergebracht.

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger

Gebiete der Palästinensischen Behörde

Palästina, also der Gaza-Streifen und Teile des Westjordanlands, hat laut österreichischem Außenministerium "den Status eines Völkerrechtssubjekts, das 'Gebiet der Palästinensischen Behörde' wird aber nicht als Staat im Sinn des Völkerrechts anerkannt".

Die Behörde unterhält in der Josefsgasse in Wien-Josefstadt eine ständige Vertretung. Es ist ein recht schmuckloses Mehrparteienhaus in Innenstadtnähe, das eine Renovierung längst nötig und verdient hätte. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 15.6.2012)

Link
Außenministerium: Ausländische Vertretungen in Österreich

Foto: derStandard.at/Michael Matzenberger