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Wien - Information gilt als die Entwicklungsressource im viel beschworenen Informationszeitalter und jede entwicklungspolitische Aktivität beginnt mit Kommunikation, dem Austausch zwischen den ProjektpartnerInnen. Aus entwicklungspolitischer Sicht kommen die gesellschaftspolitischen, kulturellen und genderspezifischen Aspekte in der internationalen Diskussion zu kurz. Die Staatengemeinschaft und die multinationalen Unternehmen dieses wichtigen Wirtschaftssektors stellen dabei die modernen Informationstechnologien wie das Internet sowie die technische Infrastruktur, den E-Commerce und die datentechnische Sicherheit in den Vordergrund.

Der herrschende Digital Divide zwischen Nord und Süd, zwischen ländlichen und urbanen Regionen und zwischen Frauen und Männern zeugt aber davon, dass die Technik allein die Unterschiede zwischen Arm und Reich nicht aufheben kann, sondern dass moderne Informationstechnologien den Graben zwischen Informationsreichen und Informationsarmen noch zusätzlich vergrößern.

Tagung

So war auch das Thema "Informations- und Kommunikationstechnologien als Aktionsfeld der Entwicklungszusammenarbeit" im Mittelpunkt einer Tagung Mitte Juni, organisiert von den entwicklungspolitischen Organisationen VIDC und Frauensolidarität.

Urs A. Jaeggi, Entwicklungsexperte von Brot für alle aus der Schweiz, referierte die Chancen und Grenzen der Informations- und Kommunikationstechnologien für Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika, Christina Buder von der Frauensolidarität setzte sich mit deren Potenzial für das Empowerment von Frauen des Südens auseinander und der Ethnologe Philipp Budka untersuchte die Präsenz von Indigenen im Internet.

Internet am Land oft unerreichbar

Internet bleibt für ländliche Frauen oft unerreichbar, um Informationen für Frauen an der Basis nutzbar zu machen, bedarf es anderer, traditioneller Medien. Christina Buder betonte die Bedeutung des Straßentheaters, der Schautafeln aber auch des Radios und Videos für die Befriedigung der Informationsbedürfnisse dieser Frauen. Die Reichweite der herkömmlichen Medien, die Informationen kostengünstig, verständlich und in Lokalsprachen verbreiten, und ihre entwicklungspolitische Bedeutung werden im Zeitalter des Cyberspaces gerne übersehen. Frauenfördernde Pilotprojekte gibt es aber auch im modernen ICT-Bereich: im südlichen Afrika werden Frauen in die Anwendungsmöglichkeiten der Telecenters eingeführt und sprechende CD-Roms erklären ihnen bessere Kompostierungstechniken. Die Phone-Ladies in Indien wurden durch Ausstattung mit Handys durch die Grameen Bank zu wandelnden Telefonzellen und mit dem so erwirtschafteten Geld können sie z.B. ihre Kinder in die Schule schicken.

Die internationale Frauenbewegung nutzt spätestens seit der vierten UN-Weltfrauenkonferenz das Internet ausgiebig und ist bestens vernetzt. Sie nutzt diese Technologie um frauenrelevante Informationen zu verbreiten, Wissen auszutauschen und v.a. um sich zu organisieren. Und es sind auch die Frauen selbst, die die Schulung übernehmen und die Verbreitung der modernen Informationsmedien fördern. Ohne das Internet ist Lobbying und Advocacy auch in der Frauenrechtspolitik nicht mehr denkbar. Auf dieser Ebene hat das Internet sicherlich zum Empowerment von Frauen beigetragen.

Möglicher Zugang

Urs A. Jaeggi zeigte im Gegenzug die Potenziale moderner Informationstechnologien für Menschen im globalen Süden auf - vorausgesetzt sie werden an die lokalen Gegebenheiten angepasst. Am Beispiel des Information Village-Projekts in einem indischen Fischerdorf zeigte er auf, wie der Zugang zu Mobiltelefonen, Funkanlagen und der Einrichtung eines lokalen Informationsnetzwerkes mit Internetzugang die Einkommenssicherheit der BewohnerInnen verbesserte.

Der Zugang zu aktuellen Wetterinformationen ermöglicht den Fischern die Auswahl der besten Fangzeiten und die Informationen über die aktuellen Preise direkt vom Markt in der nächst größeren Stadt machte die Fischhändlerinnen von den auf den eigenen Vorteil bedachten ZwischenhändlerInnen unabhängig, sie können nun ihre Fische zu einem besseren Preis vermarkten. Ganz nebenbei wird die Bevölkerung auch über die Öffnungszeiten der Gesundheitsberatungsstelle im Nachbardorf oder über mögliche nationale Förderungen für ihre kleinen Fischereibetriebe informiert.

Philipp Budka zeigte, dass das Internet ein wichtiges Medium für die Durchsetzung von Menschenrechten indigener Gesellschaften sein kann und, dass es auch die kulturelle Vielfalt zu bewahren hilft.

Forderungen

Angesichts des im Dezember bevorstehenden UNO-Gipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS) in Genf ist eine der Forderungen der entwicklungspolitischen Organisationen das Mitspracherecht der NGOs am Gipfel selbst. Weitere Forderungen: "Information und Kommunikation sind Menschenrechte, auch für jene im Süden; Information ist ein öffentliches Service und darf nicht gänzlich privatisiert werden; die Machtkonzentration im Mediensektor muss gestoppt werden; die kulturelle Identität und Vielfalt muss gewahrt bleiben; Menschen im Süden und besonders Frauen müssen Zugang zu Informationstechnologien und Medieninhalten bekommen und müssen auch als Gestaltende ins Informationswesen einbezogen werden und Entwicklungsländer müssen bei den Regulierungsabkommen mitentscheiden können." (red, Quelle: Frauensolidarität)