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Iraks Premier Nuri al-Maliki: Nur die Uneinigkeit seiner Kritiker rettet ihn vor dem Misstrauensvotum.

Foto: EPA/ALI ABBAS

Bagdad/Wien - Eine Bombenserie gegen Schiiten hat am Mittwoch in Bagdad und in Hilla dutzende Tote - den Berichten nach mindestens sechzig - gefordert: genau der Typus von Anschlägen, die den Irak 2006 in einen konfessionellen Bürgerkrieg stürzten, als in der Folge ihrerseits schiitische Milizen Sunniten umzubringen begannen. Mit dem jetzigen Bürgerkriegsland Syrien als Nachbarn, wo das Regime seine alawitischen Milizen wüten lässt und unter den Aufständischen auch sunnitische Extremisten zugange sind, ist die Rückkehr dieser Art von Terrorismus in den Irak sehr gefährlich. Für die Jihadisten ist das ein einziger großer Raum, der zu befreien ist.

Die Situation wird noch verschärft durch die schwere politische Krise, in der sich der Irak befindet. Vor wenigen Tagen ist der Versuch, Präsident Jalal Talabani dazu zu bewegen, im Parlament ein Misstrauensvotum gegen Premier Nuri al-Maliki auf den Weg zu bringen (das gehört zu seinen verfassungsmäßigen Rechten), erst einmal gescheitert. Talabani hatte dem eine Absage erteilt, nachdem er Unterschriften von Abgeordneten sammeln ließ, die gegen Maliki stimmen würden - also eine Art Umfrage -, wobei sich herausstellte, dass die nötige Zweidrittelmehrheit von 163 Abgeordneten nicht zu erreichen war. Aber die Probleme, die zu dieser Situation geführt haben, bleiben.

Autokratische Züge

Sie haben viel mit der Person Maliki selbst zu tun, Schiit, Chef der ältesten religiösen schiitischen Partei im Irak, Dawa, die er für die Wahlen 2010 zur "Rechtsstaats"-Allianz erweiterte. Maliki zeigt starke autokratische Züge, übergeht gerne die Institutionen und hat mittlerweile eine Privatarmee. Seine Gegner - die zumindest nominell mit ihm in einer Regierung sitzen - beschuldigen ihn vor allem, dass er nichts von dem eingehalten hat, was er im Dezember 2010 nach den (von ihm knapp verlorenen) Wahlen zugesagt hatte, um wieder Premier zu werden.

Es geht unter anderem um die Machtteilung mit seinem politischen Rivalen Ayad Allawi, dem Wahlsieger, der die Interessen von Säkularen und Sunniten vertritt, und um Zusagen an die Kurden, die mit Bagdad über Ölzuständigkeiten streiten und auf ein Referendum über die Zugehörigkeit der "umstrittenen Gebiete" an ihrer Südgrenze warten.

Ende April stellten seine Gegner Maliki ein Ultimatum von zwei Wochen, das noch einmal verlängert wurde. Danach begannen sie mit den Vorbereitungen, Maliki das Vertrauen zu entziehen. Der Präsident der Kurdischen Regionalregierung, Masud Barzani, und Allawi versuchten, auch Muktada al-Sadr (obwohl Schiit ein Erzfeind Malikis: Maliki hatte als Premier 2007 Sadrs Milizen bekämpft), auf ihre Seite zu ziehen. Das veranlasste wiederum den Iran, wie bereits bei der Regierungsbildung 2010, seinen Einfluss auf Sadr geltend zu machen, um Maliki zu retten. Sadrs geistlicher Mentor, Ayatollah Haeri, teilte ihm in einer Fatwa mit, dass es nicht statthaft sei, mit Säkularen zusammenzugehen.

Gegner sind zerstritten

Maliki, der vom schiitischen Block unterstützt wird, profitiert aber auch von der Uneinigkeit seiner kurdischen und seiner säkularen und sunnitischen Gegner. So gefällt einigen Anhängern Allawis die kurdenfeindliche Politik Malikis. Aber auch die Kurden sind gespalten: Die Talabani-Partei PUK hat sich nur teilweise der Initiative Barzanis angeschlossen, wie ja auch Talabani selbst skeptisch blieb. (DER STANDARD, 14.6.2012)