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Premierminister Mario Monti verteidigt Italiens Standpunkt im Parlament.

Foto: epa/ALESSANDRO DI MEO

Rom - Der italienische Premier Mario Monti hat am Mittwoch die EU aufgefordert, beim nächsten Gipfeltreffen wachstumsfördernde Maßnahmen zu ergreifen. Nur so könne man die Finanzspekulation gegen den Euro stoppen. "Was den Finanzmärkten und den Ratingagenturen Sorge bereitet, ist das niedrige Wachstum. Mit mehr Wachstum werden auch die Zinssätze sinken und die Unternehmen werden es bei ihren Investitionen einfacher haben", erklärte Monti in einer Ansprache vor der Abgeordnetenkammer in Rom.

Monti erklärte, er habe von vielen Seiten den Ratschlag erhalten, beim Internationalen Währungsfonds um Hilfe für Italien zu bitten. "Es ist keine Schande, wenn einem geholfen wird. Eine allgemeine Hilfe, die nicht auf den Bankensektor gezielt ist wie in Spanien, würde jedoch bedeuten, die eigene Souveränität an IWF, EZB und EU-Kommission zu übergeben. Das hat Italien abgewendet", betonte Monti. Dank der Bemühungen der Italiener habe sich die Lage in Italien in den letzten Monaten stark gebessert.

Der italienische Premier traf am Montagabend die Chefs der Koalitionsparteien, die im Parlament seine Regierung unterstützen. Er bat um verstärkten Zusammenhalt und um Unterstützung bei der Verabschiedung der Reformen, die das Fachleutekabinett im Parlament durchsetzen will, darunter die umstrittene Arbeitsmarktreform. In dieser schwierigen Phase müsse Italien seine Bemühungen für Reformen verdoppeln, warnte Monti.

Kein lustiges Land

Zwar habe das Land eine hohe Staatsverschuldung, sagte Monti dem ARD-Hörfunk in Rom. "Wenn wir über Verschuldung sprechen, hat Italien auf der anderen Seite sehr geringe Privatschulden - im Gegensatz zu anderen Ländern. Auch Unternehmen und Familien sind wenig verschuldet." In jedem Fall sei die Haushaltspolitik inzwischen eine andere. "Der Staatshaushalt wird dieses Jahr mit einer nur geringen Neuverschuldung abgeschlossen, mit zwei Prozent." Und im kommenden Jahr werde es einen Überschuss geben.

"Ich verstehe, dass man Italien durch seine Vergangenheit als lustiges, undiszipliniertes Land begreifen kann", räumte Monti ein. "Aber momentan ist Italien disziplinierter, als viele andere europäische Länder - und es ist auch nicht besonders lustig. Aber es unternimmt die richtigen Dinge, um ein solides Land zu werden." Auch in Deutschland werde derzeit nicht gesehen, dass Italien im Prinzip doppelt zahle, sagte er: einerseits die Anteile für die Rettung anderer kriselnder Euro-Staaten - andererseits aber auch höchste Zinsen für Staatsanleihen. "Grund dafür ist die angespannte Lage auf den Finanzmärkten."

OECD-Chefvolkswirt sieht unberechtigte Kritik

Italien ist nach Ansicht der Industrieländerorganisation OECD zu Unrecht im Visier der Finanzmärkte. "Es gibt keine Veränderung der Fundamentaldaten des Landes, die eine Attacke auf Italien rechtfertigen könnten", sagte der OECD-Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan der Zeitung "Il Messagero" vom Mittwoch. Zugleich lobte der Italiener die Sparanstrengungen seines Heimatlandes. Italien gehöre zu den OECD-Staaten, die sich dem Ziel einer Stabilisierung der Schulden am stärksten angenähert hätten.

Doch von den Turbulenzen um Spanien bleibe auch Italien nicht unberührt, sagte Padoan: "Lässt man den Ansteckungseffekt beiseite, waren die bisher ergriffenen Schritte zur wirtschaftlichen Erholung die richtigen." Allerdings werde Italien "harte Konsequenzen" tragen müssen, falls die Refinanzierungskosten auf Dauer auf dem derzeit hohen Niveau verharren sollten.

Höhere Zinsen

Inzwischen steigt der Druck am Anleihenmarkt. Selbst kurzfristig Geld zu leihen, wird für Italien immer teurer. Bei einer Auktion von Geldmarktpapieren mit Laufzeit von zwölf Monaten verlangten Investoren am Mittwoch Zinsen in Höhe von 3,97 Prozent, wie aus Angaben der italienischen Schuldenagentur in Rom hervorgeht - so viel wie seit Dezember nicht mehr. Bei der letzten vergleichbaren Versteigerung am 11. Mai waren es noch 2,34 Prozent gewesen. Ein Lichtblick: Das Maximalziel von 6,5 Mrd. Euro wurde erreicht, die Nachfrage war mit einer 1,73-fachen Überzeichnung mehr als ausreichend. Doch die nächste Nagelprobe steht bereits am morgigen Donnerstag an, wenn längerlaufende Anleihen versteigert werden sollen.

Italien ist auf dem besten Weg, Spanien als größter Euro-Krisenherd abzulösen: Während Anleger und Euro-Retter vor den Neuwahlen in Griechenland am Wochenende zittern, rückt Italien immer stärker ins Visier der Investoren. Die drittgrößte Volkswirtschaft im Währungsraum droht, in der Rezession zu versinken. Die Wirtschaft schrumpfte im ersten Quartal um 0,8 Prozent im Vergleich zum Schlussquartal 2011. (APA, 13.6.2012)