Vassilakou über Wunsch und Wirklichkeit: "Beim Plan denkst du hui, und am Ende traust du deinen Augen nicht."

Foto: Hendrich

Im achten und letzten Teil der Serie "Der Traum vom Grün" spricht Wiens grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou über Masterpläne, Weingärten und Parks, die besser vernetzt werden sollten. Die Fragen stellte Martina Stemmer.

STANDARD: Wo ist Wien in den letzten eineinhalb Jahren grüner geworden?

Vassilakou: Überall. Angefangen bei Großprojekten wie dem Hauptbahnhof oder dem Nordbahnhof als auch im Kleinen, etwa in der Mariahilfer Straße, die voraussichtlich nächsten Sommer umgestaltet wird. Dazu kommt eine Vielzahl lokaler Projekte wie die Nevillebrücke zwischen 5. und 6. Bezirk, der Panoramaweg in Simmering oder die Neugestaltung der Ottakringer Straße.

STANDARD: Ihr Ziel war, dass künftig jeder Wiener zu Fuß einen Park erreichen kann. Haben Sie sich inzwischen davon verabschiedet?

Vassilakou: Ganz im Gegenteil, wir arbeiten daran. Die Stadt erstellt gerade den Masterplan "Gehen". Das Konzept dahinter ist, bestehende und künftige Grün- und Freiräume miteinander zu vernetzen und so ideale Fußgängerrouten durch die Stadt zu entwickeln. Der Plan soll bis nächstes Jahr fertig sein. Zudem soll es mindestens einen neuen, nutzbaren Freiraum pro Bezirk geben.

STANDARD: Geht sich das in dieser Legislaturperiode noch aus?

Vassilakou: Sehr viel davon, ja. Für den Rest muss ich erst die Weichen für spätere Jahre stellen. Aber mein Gott, das ist Politik.

STANDARD: Also nicht jeder Wiener kann bis zur nächsten Wahl auf einen Park in seiner Nähe hoffen?

Vassilakou: Selbst wenn wir nicht schummeln und den Wienerwald wegrechnen, ist Wien üppigst mit Grün ausgestattet. Die zentrale Frage ist, inwieweit dieser Grünraum nutzbar ist. Da findet aber gerade ein Umdenken statt. Bis 2020 werden wir die führende Grünraummetropole Europas sein. Voraussetzung ist, dass unser neues Verkehrskonzept greift. Denn die Ausweitung des Parkpickerls bedeutet auch, mehr Raum zu gewinnen.

STANDARD: Muss der Grüngürtel besser geschützt werden? Es gibt immer wieder Kritik, dass in diesem Bereich zu leichtfertig umgewidmet wird.

Vassilakou: Wien wächst, ob wir's wollen oder nicht. Wir legen die Priorität in die Verdichtung innerhalb der Stadt. Die ÖBB geben in den nächsten Jahren viele Areale frei. Bis 2025 müssten wir mit den aktuellen Stadtentwicklungsgebieten auskommen. Danach wird's knapp. Dem größten Druck sind landwirtschaftlich genutzte Flächen ausgesetzt. Und Weingärten. Da ist die Stadt aber stark auf der Bremse.

STANDARD: Sie schließen also die Umwidmung von landwirtschaftlichen Flächen in den nächsten 13 Jahren aus?

Vassilakou: Unser Ziel ist, mit den derzeit im Stadtentwicklungsplan vorgesehenen Gebieten auszukommen und von weiteren Grünland-Umwidmungen Abstand zu nehmen.

STANDARD: Der erste Teil von Aspern soll 2015 fertig sein. Ist Ihnen dieser neue Stadtteil grün genug?

Vassilakou: Die Planungen für den neuen Stadtteil Aspern liegen zehn Jahre zurück. Für die damalige Zeit waren sie sehr gut. Aber in Wien ist die Planung eher nicht das Problem. Beim Plan denkst du oft hui, und wenn du dann durch das fertige Viertel spazierst, traust du deinen Augen nicht mehr. Denn die Grünraumplanung kann nur bedingt in der Widmung abgesichert werden. Das muss anders werden.

STANDARD: Was wollen Sie tun?

Vassilakou: Es muss bei der Grünraumplanung ein begleitendes Qualitätsmanagement geben, das bereits in der Entstehung kontrolliert, dass der ursprüngliche Plan auch eingehalten wird. Daran arbeiten wir mit einer Bauordnungsnovelle. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und ich sind uns einig, dass es hier vertraglich fixierte Qualitäten braucht. Die Novelle soll mit Jahresende fertig sein. (Martina Stemmer, DER STANDARD, 13.6.2012)