Wener Muhm

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Das Böse erschien in der rundlichen Gestalt eines Kammerfunktionärs mit 08/15-Brille und Fünf tagebart: Werner Muhm ist der Gottseibeiuns der ÖVP. Weil er, so sagen schaudernde Schwarze, ein dunkelroter Ideologe und abgefeimter Strippenzieher sei - und dem Bundeskanzler Ideen einflüstere, die den "Klassenfeind" vom Bauern bis zum Hausbesitzer bluten ließen.

Da lag der Gedanke an einen Exorzismus nahe: Die ÖVP versuchte, Muhm aus dem Generalrat der Nationalbank zu drängen - und scheiterte. Kein Regierungschef lässt sich kampflos einen der wichtigsten Berater abschießen.

In diese Rolle gewachsen ist der Arbeiterkammerdirektor nach den Koalitionsverhandlungen 2006/2007, als sich Muhm und der damalige Wohnbaustadtrat Werner Faymann in der Arbeitsgruppe Finanz schätzen lernten. So sehr, dass Muhm, wie Insider glauben, an Faymanns flotter Machtübernahme in der SPÖ mitgebastelt habe - was der vermeintliche Schattenmann natürlich dementiert.

Unbestritten ist ein anderes Resultat: Dass nicht der "linke" Vorgänger Alfred Gusenbauer, sondern just der gnadenlose Pragmatiker Faymann als erster SP-Kanzler seit Ewigkeiten Vermögenssteuern fordert, hat einiges mit dem Dirigenten des Thinktanks Arbeiterkammer zu tun. Führt da ein sozialistischer "Rasputin" - so der jüngste Kosename in gegnerischen Kreisen - die SPÖ runter vom Boden der Marktwirtschaft? "Hearns!", sagt Muhm. "Da müsste ich ja an gespaltenem Bewusstsein leiden." Seit 35 Jahren sitze er als konsensfreudiger Sozialpartner mit Unternehmervertretern am Verhandlungstisch: "Da kann man kein Fundamentalist sein. Ich bin für eine leistungsfähige Privatwirtschaft - aber mit sozialem Zusammenhalt."

Die von ihm geliebte Hinterbühne der Politik betreten hat der BWL-Absolvent 1975: Arbeiterkammer, volkswirtschaftliches Referat des ÖGB und wieder Arbeiterkammer, seit 2001 als Direktor. Heute agiert der Familienvater - ein 16-jähriger Sohn - noch im ORF-Stiftungsrat, in den Aufsichtsräten der Wiener Stadtwerke und der Wiener Städtischen Versicherung sowie eben in der Nationalbank. Um wirtschaftliches Wissen anzuhäufen und öffentlichen Einfluss zu wahren, sagt Muhm.

Im Vorstand des Leopold-Museums sitzt er hingegen als Sammler moderner Malerei. Es ist bestimmt Zufall, dass im Werk seiner Lieblingsmaler Markus Prachensky und Peter Sengl eine Farbe dominiert: Rot. (Gerald John, DER STANDARD, 12.6.2012)