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Ein undatiertes Bild der in Libyen festgenommenen Anwältin Melinda Taylor.

Foto: ICC/AP/dapd

Tripolis - Im Konflikt um die in Libyen festgenommenen Vertreter des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) zeichnet sich keine Entspannung ab. Die vier Personen, unter ihnen die Pflichtverteidigerin eines Sohnes von Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi, wurden in Untersuchungshaft genommen. Dies sei während der Ermittlungen für eine Dauer von 45 Tagen vorgesehen, teilte ein Vertreter des Büros des libyschen Generalstaatsanwalts am Montag in Tripolis mit.

Regierungssprecher Nasser al-Manaa sagte, Libyen lege Wert auf gute Beziehungen zum IStGH und zur internationalen Staatengemeinschaft generell, doch nicht "auf Kosten der höheren Interessen Libyens". Die Mitarbeiter des Strafgerichtshofs waren in der vergangenen Woche in der westlibyschen Stadt Zintan von einer Miliz gefangen genommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten versucht, Gaddafis Sohn Saif al-Islam "geheime Dokumente" zu übergeben. Außerdem steht ein vager Spionagevorwurf im Raum.

Der Regierungssprecher erklärte, die Generalstaatsanwaltschaft habe Ermittlungen gegen die australische Anwältin Melinda Taylor und Mitglieder ihres Teams aufgenommen. Lokale Medien berichteten, nur Taylor und eine libanesische Übersetzerin stünden unter Arrest. Die anderen beiden Mitglieder des vierköpfigen Teams - ein Russe und ein Spanier - seien "freiwillig" mit den Frauen in Zintan geblieben. Inzwischen seien Abgesandte des Strafgerichtshofs in Tripolis eingetroffen, um mit den Behörden über eine Freilassung der Mitarbeiter zu verhandeln.

Die australische Regierung hat sich in den Fall eingeschaltet. Außenminister Bob Carr sagte am Montag, er habe mit dem Stellvertreter seines libyschen Ressortkollegen über die Freilassung der australischen Anwältin verhandelt. Ihr "Wohlergehen" sei seiner Regierung "sehr, sehr wichtig", sagte er. Bisher habe sie aber noch nicht konsularische Hilfe in Anspruch nehmen oder mit ihrem Mann telefonieren dürfen.

Australien fordert Freilassung von Melinda Taylor

Auch die australische Regierungschefin Julia Gillard zeigte sich besorgt über die Festnahme der Australierin, die vom IStGH zur Pflichtverteidigerin des Gaddafi-Sohns Saif al-Islam bestellt worden war. Gillard forderte, Taylor so schnell wie möglich freizulassen. Zudem kündigte sie an, mit Spanien, Russland und dem Libanon zusammenzuarbeiten. Aus diesen Ländern stammen die anderen IStGH-Mitarbeiter, die ebenfalls in Libyen festgehalten werden. Die Delegation war am Donnerstag nach einem Besuch bei Saif al-Islam festgenommen worden, der seit seiner Festnahme im November in Zintan inhaftiert ist.

Der Pflichtverteidigerin wird Spionage und "Kommunikation mit dem Feind" vorgeworfen. Taylor soll nach libyschen Angaben versucht zu haben, mit Saif al-Islam Dokumente auszutauschen. Angeblich soll sie einen Stift mit einer integrierten Kamera und einen Brief von dessen einstigem Vertrauten Mohammed Ismail bei sich gehabt haben, der von der libyschen Justiz gesucht wird.

Libyen und der IStGH streiten seit Monaten über die Frage, wo Saif al-Islam der Prozess gemacht werden soll. Der IStGH hatte im Juni vergangene Jahres internationale Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Saif al-Islam, seinen Vater und dessen Geheimdienstchef erlassen. (APA, 11.6.2012)