Teile des deutschen Wortschatzes stammen aus dem Glücksspiel - zum Beispiel, ein "Ass im Ärmel" zu haben.

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Graz - Spiele und Wetten zählen zu den ältesten Vergnügungen des Menschen. Welchen Stellenwert diese soziale Praxis über die Jahrhunderte im Alltag eingenommen hat, lässt sich auch an den noch heute gebräuchlichen Redewendungen und geflügelten Worten ermessen, die aus dem Bereich des Glücksspiels stammen. Inwiefern sich die Spielleidenschaft des Menschen in der deutschen Alltagssprache niederschlägt, hat Jürgen Ehrenmüller am Institut für Germanistik der Universität Graz analysiert.

Im Zuge der aktuellen Fußball-Europameisterschaft wird abermals vielerorts "das Glück aufs Spiel" und "alles auf eine Karte gesetzt" werden. Auf diese und rund 280 weitere Beispiele aus dem Bereich des vom Glücksspiel geprägten deutschen Wortschatzes ist der junge Germanist in seiner Studie gestoßen. "Der Mensch greift immer wieder auf Metaphern zurück, um seine Welt zu strukturieren und zu verarbeiten. Das Spiel bietet sich für eine Analyse sehr an, weil es eine demokratische Grunderfahrung und jedem zugänglich ist", so der Studienautor, der unzählige Lexika, Fachwörterbücher und Zeitungsartikel ausgewertet hat.

Spielen als Unterhaltung

Das Spiel sei eine Aktivität, die vor allem dann zum Vorschein kommt, wenn überschüssige Zeit zur Verfügung steht, und es diene der Unterhaltung, so Ehrenmüller. Vom "Ass im Ärmel" und "in die Karten schauen lassen", über den "großen Wurf" und "Politpoker" bis hin zum "Dominoeffekt" reichen die Beispiele. Der Grazer Wissenschafter hat sie - mit kurzen Beschreibungen versehen - in seine Datenbank aufgenommen. Darin finden sich auch Beispiele aus der Antike wie "Die Würfel sind gefallen".

Auch österreichische Sprachschätze hat Ehrenmüller in seine Auswertung aufgenommen: "Alles was mit dem Kartenspiel Schnapsen zu tun hat: 'das Bummerl haben' oder 'aus dem Schneider sein'." In vielen Fällen sei die Zuordnung der "verspielten Alltagssprache" nicht immer sofort sichtbar gewesen, legt der Studienautor "die Karten offen auf den Tisch": "Bei 'Zeitnot' war das relativ schwierig. Es stellte sich aber heraus, dass es ein Fachbegriff aus dem Schach ist", erklärt Ehrenmüller. Oder "Zwickmühle": Hiermit sei das Moment einer Lage gemeint, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint.

Eingebettet in ein sprachpädagogisches Großprojekt

"Spielerische WortSchätze" ist Teil des sprachpädagogischen Großprojektes "Deutsche WortSchätze", das seit 2004 laufend Diplomarbeiten zu unterschiedlichen Bereichen wie Ernährung, Musik oder Religion in Auftrag gegeben hat. Initiator Wernfried Hofmeister sieht in diesem Projekt die Möglichkeit, die Gesellschaft in Hinblick auf die korrekte Sprachbild-Verwendung zu sensibilisieren: "Sprachbilder werden oftmals zu selbstverständlich gebraucht und das Bewusstsein ist verloren gegangen", erklärt er. Hofmeister und sein Team besuchen auch landesweit Schulklassen und bringen Schülerinnen und Schülern die mittlerweile mehr als 1.000 Ausdrücke, die in der Datenbank gespeichert sind, näher. (APA/red, derStandard.at, 11.6.2012)