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"Das Bildungsthema wäre es wert, einen früheren Wahltermin zu riskieren", sagt Hannes Androsch.

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Wien - Sollten im Parlament nicht einmal jene Forderungen des Bildungsvolksbegehrens umgesetzt werden, die im Regierungsprogramm verankert sind und über die es im eigens einberufenen Sonderausschuss Einigkeit unter allen Parteien gab, müsse die SPÖ eine Auflösung der Koalition erwägen. Das fordert der Initiator des Volksbegehrens, Ex-Vizekanzler Hannes Androsch (SPÖ). "Das Bildungsthema wäre es wert, einen früheren Wahltermin zu riskieren." Kurz vor der Enderledigung des Volksbegehrens im Parlament am Donnerstag hat Androsch noch einmal in einem Brief an Regierungsspitze und Parlamentsparteien appelliert, durch Gesetzesinitiativen "eine Bankrotterklärung des Parlaments" abzuwenden.

"Blamage und Bankrotterklärung"

Die Schuld für den Reformstillstand bei Bildungsthemen sieht er vor allem bei der ÖVP, "die aus der Teinfaltstraße (dem Sitz der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Anm.) und St. Pölten (dem Amtssitz von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), Anm.) blockiert wird". Die SPÖ nehme leider Rücksicht auf diese Verhältnisse. "Man sollte diesen Sprengsatz aufgreifen und zurück ins Feld werfen", so Androsch. Denn er sei sicher, dass bei der nächsten Wahl "rückwärtsgewandte Reformverweigerer" vom Wähler abgestraft werden.

In seinem Schreiben an Kanzler Werner Faymann (SPÖ), Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP), Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) sowie die Klubobleute und Bildungssprecher aller Parlamentsparteien warnt Androsch vor einer "Blamage und Bankrotterklärung des Parlaments". Im Sonderausschuss hätten alle Fraktionen gefordert, endlich "Nägel mit Köpfen zu machen", dennoch habe er seine Tätigkeit beendet, "ohne auch nur ein einziges konkretes Ergebnis zu formulieren".

Parlamentsinitiative gefordert

Aus Androschs Sicht widerspricht das "dem Selbstverständnis der frei gewählten, nur ihrem Gewissen verantwortlichen Abgeordneten" und schadet dem Ansehen des Parlaments. Dazu komme die Signalwirkung, wenn die Politik einerseits in der Öffentlichkeit plakativ Vorschläge für mehr Bürgerbeteiligung und direktdemokratische Möglichkeiten mache und gleichzeitig im konkreten Fall des Bildungsvolksbegehrens mit gut 383.000 Unterschriften "das gegenteilige Exempel statuiert".

Um "im Plenum das Schlimmste zu verhindern", schlägt Androsch in dem Brief ein dreistufiges Verfahren vor, das er, wie er gegenüber der APA betont, im Übrigen von ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon übernommen habe: Bei allen entscheidungsreifen Themen sollen Initiativanträge im Plenum eingebracht und noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Bei Reformmaßnahmen, die von der Bundesregierung erledigt werden müssen, sollen per Entschließung Eckdaten und Fristen vom Parlament beschlossen werden. Jene Reformpunkte, die noch nicht entscheidungsreif sind, sollen bis Ende 2012 von einer Enquete-Kommission zu Beschlussreife gebracht werden. (APA, 11.6.2012)