Rangun - Nach Gewaltausbrüchen zwischen Buddhisten und Muslimen im Westen von Burma haben die Vereinten Nationen damit begonnen, ihre dortigen ausländischen Mitarbeiter in Sicherheit zu bringen. Rund 40 UN-Mitarbeiter und deren Familien seien auf freiwilliger Basis dabei, die Stadt Maungdaw im Teilstaat Rakhin zu verlassen, sagte der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe in Rangun, Ashok Nigam. Nach seinen Angaben sollen sich die UN-Mitarbeiter zunächst in die Hauptstadt von Rakhine, Sittwe, begeben. Von dort aus würden die meisten dann nach Rangun gebracht, bis sich die Sicherheitslage verbessert habe. Einheimische Mitarbeiter seien aber weiter in Maungdaw.
In der Stadt nahe der Grenze zu Bangladesch waren bei Ausschreitungen in den vergangenen Tagen einem Bericht des Guardian zufolge acht Menschen getötet und 17 weitere verletzt worden. Andere Berichte sprechen von 17 Toten. Den Ausschreitungen vorausgegangen waren mehrere Gewaltverbrechen, für die sich die Religionsgruppen gegenseitig verantwortlich machten.
Militärpräsenz verstärkt
Burma hat am Montag die Militärpräsenz im Teilstaat Rakhine verstärkt. Truppen bezogen an kritischen Stellen der Regionalhauptstadt Sittwe und anderer Städten Stellung. Präsident Thein Sein hatte am Sonntag erklärt, er werde der Anarchie Einhalt gebieten. Zuvor hatte er bereits das Kriegsrecht über Teile Rakhines verhängt.
Religiöse Gewalt
Ausgangspunkt für die Gewalttaten sei laut Guardian ein Vorfall Anfang Juni dieses Jahres gewesen sein: Buddhisten aus der Stadt Arakan hätten zehn muslimische Pilger zu Tode geprügelt. Die Tat sei eine Reaktion auf den Mord und Vergewaltigung einer 26-Jährigen durch drei Muslime Ende Mai gewesen sein, schreibt der Guardian.
Während die muslimische Rohingya-Minderheit nur einen kleinen Teil der Gesamtbevölkerung des südostasiatischen Landes ausmachen, stellen sie in Maungdaw die Mehrheit. Wegen der Gewalt verhängte die Staatsführung am Wochenende den Ausnahmezustand in den Gliedstaat Rakhin verhängt.
Flucht nach Bangladesch
In Burma leben schätzungsweise 700.000 Rohingyas, viele sind nach Bangladesch geflohen. Die Rohingya-Minderheit ist in Burma zahlreichen Repressalien ausgesetzt: Ihnen wird die burmesische Staatsbürgerschaft verweigert, sie dürfen offiziell nicht mehr als zwei Kinder bekommen, unterliegen strengen Reisebeschränkungen, unehelichen Kindern wird der Schulbesuch verweigert und Angehörige der Minderheit dürfen nicht heiraten, berichtet der Guardian.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat dem burmesischen Regime die Unterdrückung von ethnischen und religiösen Minderheiten, insbesondere der Rohingya, vorgeworfen. Die Regierung von Präsident Thein Sein habe zwar begrenzte politische und wirtschaftliche Reformen vorgenommen, aber Menschenrechtsverbrechen gegen ethnische Minderheiten hätten im Verlauf des vergangenen Jahres zugenommen, teilte die Organisation in ihrem Jahresbericht mit. So gebe es vor allem aus den Teilstaaten Kachin und Shan Berichte über Hinrichtungen, Folter und sexuelle Gewalt gegen Zivilisten. Auch hätten die Behörden humanitäre Hilfe für Zehntausende Flüchtlinge blockiert.
In den 1990er-Jahren flüchteten 300.000 muslimische Rohingya aus dem Nordwesten Burmas nach Bangladesch. Bis zu 100.000 Chin sind nach Indien geflohen, 450.000 - hauptsächlich Karen, Mon, Kayah und Shan - nach Thailand.
Europareise von Suu Kyi
Die Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi will diese Woche nach Europa reisen. Sie hat alle Seiten zur Ruhe aufgerufen. Ob der Ausnahmezustand ihre Reisepläne beeinflussen wird, ist nicht bekannt. Aber der Gewaltausbruch wirft einen Schatten auf die Entwicklung des Landes, das in den vergangenen Monaten von der westlichen Gemeinschaft für seine Öffnung Richtung Westen und demokratiepolitische Fortschritte gelobt wurde.
President Thein Sein hat schon davor gewarnt, dass die religiös motivierte Gewalt den Fortschritt und Frieden im Land gefährden könnte. (APA/red, derStandard.at, 11.6.2012)