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In der Nähe von Homs kam es der Opposition zufolge wieder zu Bombardements.

Foto: AP/DAPD/Anonymous

Damaskus - Die Gewalt in Syrien reißt nicht ab, am Wochenende waren erneut Todesopfer zu vermelden. Aus diesem Grund wird nun verstärkt über eine internationale Militärintervention diskutiert. Israel plädierte am Sonntag mit deutlichen Worten für einen Einsatz des Westens, und nun schließt auch Großbritannien diese Option nicht mehr völlig aus. Außenminister William Hague erinnert die aktuelle Situation an die Gewalt in Bosnien in den 1990er Jahren. Damals intervenierte die NATO und führte eine 22 Tage andauernde Luftoffensive durch.

Die Zeit werde knapp, um den Friedensplan des Sondergesandten Kofi Annan durchzusetzen, sagte Hague am Sonntag der BBC. Syrien befinde sich "am Rande des Zerfalls oder eines sektiererischen Bürgerkriegs". Daher wollte Hague auf Nachfrage auch keine Maßnahme ausschließen. Am Wochenende kamen bei einer Schlacht um die Rebellenhochburg Homs laut Oppositionellen mindestens 35 Menschen ums Leben.

Heftige Kritik an Syriens Machthaber Bashar al-Assad kam zuvor auch aus Israel, das so deutlich wie noch nie für eine Militärintervention plädiert. Vizepremier Shaul Mofaz warf ihm Völkermord vor. Das Schweigen der Weltmächte widerspreche aller menschlichen Logik. Mofaz kritisierte auch die Haltung Russlands. Das Land liefere weiter Waffen an das mörderische Regime. Dies sei im besten Fall unverantwortlich, im schlimmsten komme es einer Beteiligung an den Untaten gleich. Staatspräsident Shimon Peres sagte, er hoffe auf einen Sieg der oppositionellen Kräfte in Syrien. Bis vor kurzem hatte sich Israel mit Forderungen nach einem Sturz Assads in dem Nachbarland zurückgehalten.

Russland fordert internationale Syrien-Konferenz

Bisher haben Russland und China allerdings schärfere Resolutionen gegen Syrien im UN-Sicherheitsrat zu Fall gebracht. Russland bekräftigte einmal mehr seine Forderung nach einer internationalen Konferenz. Dies sei sinnvoller, als mit Sanktionen oder Gewaltandrohungen den Druck weiter zu erhöhen, sagte Vizeaußenminister Gennadi Gatilow am Samstag. Außenminister Sergej Lawrow betonte, dass auch der Iran zu der Syrien-Konferenz eingeladen werden sollte. Gerade wegen einer Teilnahme des Iran ist diese Initiative aber bei den USA umstritten. Lawrow erklärte auch, er habe nichts gegen einen Rückzug Assads, falls die syrische Bevölkerung dies wolle. "Wenn die Syrer sich darauf verständigen können, werden wir diese Lösung gern unterstützen." Am Vortag hatte der US-Sondergesandte Fred Hof in Moskau für eine Lösung der Krise mit einem Machtverzicht Assads geworben.

Der neue Chef des oppositionellen Syrischen Nationalrats, Abdel Basset Sayda, hat die Mitglieder der Regierung unterdessen aufgefordert, Assad den Rücken zuzukehren. "Wir fordern alle Vertreter des Regimes auf, überzulaufen", sagte Sayda am Sonntag in Istanbul. Der seit 15 Monaten andauernde Aufstand sei in eine "heikle Phase" getreten, die Regierung liege in den "letzten Zügen" und habe die Kontrolle über mehrere Städte verloren, behauptete der Kurde, der am Wochenende in Istanbul zum neuen Chef des auch vom Westen anerkannten Oppositionsbündnisses gewählt worden war.

Deserteure melden Erfolge

Ein Nachrichtenportal der Opposition schrieb nun unter Berufung auf eine Brigade der "Freien Syrischen Armee", in der Provinz Homs hätten Deserteure am Montag mehrere gepanzerte Fahrzeuge der Regierungstruppen zerstört. Außerdem hätten sich in einem Stützpunkt der Luftwaffe zahlreiche Soldaten und Offiziere den Deserteuren angeschlossen.

Der seit 15 Monaten andauernde Aufstand gegen das Regime sei in eine "heikle Phase" getreten, die Regierung liege in den "letzten Zügen" und habe die Kontrolle über mehrere Städte verloren, behauptete Sayda. Zugleich versicherte er den in Syrien lebenden Religionsgruppen, dass sie künftig keine Diskriminierung zu befürchten hätten. "Das neue Syrien wird ein demokratischer Staat sein", sagte Sayda, der seit den frühen 1990er Jahren in Schweden im Exil lebt. Viele syrische Flüchtlinge, vor allem Angehörige religiöser Minderheiten, sind von der Angst getrieben, dass extremistische Islamisten in den Reihen der von Saudi-Arabien geförderten Aufständischen nicht nur das Assad-Regime hinwegfegen, sondern auch Mordorgien inszenieren, wie man sie im Irak jahrelang mit Hunderttausenden von Opfern erleben musste.

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA meldete am Montag, am Vortag seien 22 Angehörige der Armee und der Sicherheitskräfte beigesetzt worden. Diese seien von "Terroristen" in den Provinzen Latakia, Damaskus-Land und Deir Ezzor getötet worden. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter berichtete, am Montag hätten die Regierungstruppen versucht, die von den Regimegegnern kontrollierte Ortschaft Al-Rastan sowie mehrere Viertel der Stadt Homs einzunehmen. Durch die Explosion eines Sprengsatzes neben einer Patrouille in der Stadt Idlib seien vier Angehörige der Sicherheitskräfte und ein Zivilist ums Leben gekommen.

Die Oppositionswebsite All4Syria meldete unterdessen, am vergangenen Wochenende seien acht Aktivisten aus dem Gefängnis entlassen worden. Auch drei Aktivisten, die ohne Gerichtsurteil festgehalten worden seien, habe man wieder auf freien Fuß gesetzt. (APA, 11.6.2012)