Bild nicht mehr verfügbar.

Spanien zwingt die EU sich von halbherzigen Methoden zu verabschieden.

Foto: AP/Ramos

Seit Ausbruch der Euro-Schuldenkrise vor zweieinhalb Jahren war immer wieder eine Warnung zu hören: Die Probleme der kleinen Eurostaaten in Südeuropa müssten rasch und konsequent gelöst werden, damit die Panik nicht auf die großen überspringt. Denn die Eurozone könne Griechenland, Irland und Portugal retten, nicht aber Spanien und Italien.

Nun ist genau das eingetreten: Die Lösung der Eurokrise wurde nicht radikal genug angegangen, und der Funke ist auf Spanien übergesprungen. Auch Spanien braucht Hilfe vom Eurorettungsschirm - bis zu 100 Milliarden Euro könnten es werden.

Doch anders als erwartet könnte genau diese Entwicklung den Euro vor dem Zerfall bewahren. Denn der Problemfall Spanien ist zwar groß, aber weniger schwerwiegend als andere Staaten.

Und das Ausmaß zwingt die anderen Eurostaaten, allen voran Deutschland, nun endlich dazu, sich von der bisherigen Halbherzigkeit zu verabschieden und die Widerstände gegen eine umfassende Lösung aufzugeben.

Spanien hatte nie ein Fiskalproblem – sein Budget war bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Überschuss, und die Staatsverschuldung ist selbst  jetzt mit geschätzten 79 Prozent immer noch nicht katastrophal.

Spanien ist gerade auch dabei, sein riesiges Leistungsbilanzdefizit abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit langsam wieder herzustellen. Das sind wichtige Bausteine für eine Gesundung.

Das wirkliche Problem Spaniens sind die faulen Immobilienkredite auf den Büchern der Banken. Das Land leidet unter einer tiefen Bankenkrise – fast so schlimm wie in Irland.

Bankenkrisen lassen sich etwas leichter lösen als Fiskalkrisen. Es kostet sehr viel Geld, aber wenn die faulen Kredite abgeschrieben sind, dann kann ein Land neu durchstarten - so wie Schweden Anfang der neunziger Jahre oder Island nach 2008.

Spanien schafft das nicht allein. Aber da seine Banken direkt Hilfe vom Eurorettungsschirm erhalten, muss das Land sich nicht als Ganzes dem brutalen Spardiktat der EU unterwerfen.  Das ist aus psychologisch-politischen Gründen von Vorteil.

Und eine Vergemeinschaftung der Bankenhaftung, die eine Bankenunion impliziert, ist auch für Deutschland leichter zu schlucken als eine Haftung für alle Staatsschulden, die die Einführung von Eurobonds mit sich bringen würde.

Was von den Euro-Finanzministern am Samstag entschieden wurden, ist die Korrektur einer fatalen Fehlentscheidung, die bereits kurz nach der Lehman-Pleite 2008 gefallen ist: Damals beschlossen die EU-Staaten, das jedes Land seine eigenen Banken retten muss.

Das führte zu jenem schlimmen Kreislauf aus Bankenkrisen, explodierenden Staatsschulden, steigenden Renditen auf Staatsanleihen und daraus resultierenden neuen Bankenkrisen, die den Euro nun zu zerreißen droht.

Das erste Land, das damals übrigens von dieser Entwicklung erfasst wurde, war Österreich. Die schlechte Entwicklung in vielen Staaten Mittel- und Osteuropas brachte die heimischen Großbanken in Gefahr, und das hätte das heimische Budget nicht verkraftet. Die damals beschlossene „Wiener Initiative“ bedeutete implizit, dass Deutschland und andere notfalls die Banken retten würden, um den sich anbahnenden katastrophalen Kapitalausfluss aus CEE zu vermeiden.

Diese versteckte Garantie erfüllte ihren Zweck: Der Kapitalabfluss wurde gestoppt, die CEE-Währungen erholten sich, und die Banken konnten ihre Verluste begrenzen.

Wenn es in den kommenden Wochen gelingt, durch gemeinsame Haftung nicht nur für Spaniens Banken das Vertrauen in das europäische Bankensystem wieder herzustellen, dann ist eine der Hauptursachen für die Eurokrise neutralisiert. Dann kann endlich daran gegangen werden, die Eurozone auf neue Fundamente zu stellen und vielleicht die Krise hinter sich zu lassen.

Dann wäre das spanische Ansuchen um Finanzhilfe der Wendepunkt in der Eurokrise. Wenn nicht, dann ist es der Anfang vom Ende des Euro.