Rom - Giovanni Vantaggiato, der 68-jährige Italiener, der den Bombenanschlag auf eine Berufsschule in der süditalienischen Stadt Brindisi gestanden hat, könnte nicht nur für den Tod der 16-jährigen Schülerin Melissa Basso verantwortlich sein, die beim Attentat am 19. Mai ums Leben gekommen ist. Die Ermittler vermuten, dass der Verdächtige auch hinter einem Attentat im Jahr 2008 in Torre Santa Susanna unweit von Brindisi steckt, bei dem ein Unternehmer schwer verletzt worden war, berichtete die Turiner Tageszeitung "La Stampa" am Samstag.

Die Ermittler stellten fest, dass beim Anschlag 2008 ein ähnlicher Sprengkörper wie jener explodiert war, der die Schülerin in Brindisi getötet hatte. Verletzt wurde bei dem Attentat ein Unternehmer, Cosimo Parato, der Vantaggiato einen ungedeckten Scheck für die Lieferung von Treibstoff gegeben hatte. Vantaggiato war damals verdächtigt worden, Beweise gegen ihn gab es jedoch nicht. Parato leidet nach wie vor an den Folgen der bei dem Attentat erlittenen Verletzungen.

Anschlag auf Justizpalast geplant

Vantaggiato hatte am 19. April einen Prozess gegen Parato gewonnen, der ihm Geld schuldete. Lokale Medien berichteten, der Verdächtige habe sich mit einem Anschlag auf den Justizpalast von Brindisi dafür rächen wollen, dass er im Prozess keine Entschädigung erhalten habe. Da das Gerichtsgebäude jedoch zu stark bewacht sei, habe er schließlich die nahe gelegene Berufsschule als Ziel ausgewählt.

Vantaggiato wurde am Samstag erneut von den Ermittlern in der Strafanstalt der Stadt Lecce befragt, in der er sich seit seiner Festnahme am Mittwoch befindet. Der Mann berichtete den Staatsanwälten, dass er ohne Grund beschlossen hatte, den Sprengstoff vor der Berufsschule "Morvillo-Borsellino" zu legen. Die Fernsteuerung, mit der er den Sprengkörper ausgelöst hatte, habe er in einem Geschäft in der Gegend gekauft. Den Ermittlern beschrieb Vantaggiato haargenau, wie er die Bombe gebastelt habe.

Jacht im Hafen von Porto Cesareo

In der Strafanstalt von Lecce konnte der Inhaber einer Tankstelle seinen Rechtsanwalt treffen. "Er ist sehr mitgenommen. Jetzt hat er wirklich begriffen, was er getan hat. Er bittet die Familienangehörigen der getöteten Schülerin und die Verletzten um Verzeihung. Zum ersten Mal ist er in Tränen ausgebrochen. Er bereut seine Tat zutiefst", berichtete Rechtsanwalt Franco Orlando.

Vantaggiato sei kein Monster. "Er war bisher stets ein ruhiger Mensch, der eine unbegreifliche Wahnsinnstat begangen hat", meinte der Verteidiger. Die Staatsanwälte nehmen die Geschäfte Vantaggiatos unter die Lupe, der in den vergangenen Jahren durch eine Tankstelle zu Wohlstand gelangt war und sich sogar eine Jacht kaufen konnte. Diese liegt jetzt im Hafen der apulischen Ortschaft Porto Cesareo vor Anker. Die Jacht war Vantaggiatos große Leidenschaft. Wenige Tage vor seiner Verhaftung war er an Bord des Bootes gesehen worden. In den vergangenen Jahren war der Mann zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Dies hatte in ihm zunehmende Verbitterung ausgelöst. Vantaggiato sei immer schweigsamer geworden. Auch mit einigen Angehörigen vertrug er sich nicht, berichteten Zeugen. (APA, 9.6.2012)