Nicht nur wegen seiner Stiftungstätigkeit in der Kritik. Auf offiziellen Wahllisten des Innenministeriums wurde Martin Graf in den 1990er Jahren als Rechtsanwalt angeführt - einen Berufsstand, den Graf nie inne hatte.

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Berufsbezeichnung 1999.

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Berufsbezeichnung 2002.

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Berufsbezeichnung 2006.

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Berufsbezeichnung 2008.

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Die Causa Martin Graf zieht immer weitere Kreise. Nun geht es auch um Martin Grafs direkte politische Tätigkeit, genauer seine Kandidaturen zum österreichischen Nationalrat in den 1990er Jahren, jener Zeit in der die FPÖ von Wahlsieg zu Wahlsieg zog.

Martin Graf ist Jurist, als solcher absolvierte er nach seinem Studium ein Gerichtsjahr, arbeitete bei einer Bank und war in weiterer Folge als Rechtsanwaltsanwärter tätig, laut offiziellem Lebenslauf auf der Homepage des Parlaments von 1992 bis 2002.

1994 zog der damalige Bezirksvorsteher-Stellvertreter des Wiener Bezirks Donaustadt erstmals in den Nationalrat ein. Auf der amtlichen Wahl-Vorschlagsliste stand - wie Recherchen der Kronen Zeitung ergaben - damals als Berufsbezeichnung: Rechtsanwalt. Der Haken: Martin Graf war jedoch nie Rechtswalt.

Der Wahlleiter im Innenministerium, Robert Stein, erklärte laut Kronen Zeitung, dass die entsprechenden Listen von einem sogenannten Zustellungsberechtigten der jeweiligen Partei an die Behörden übermittelt werden. Bei der FPÖ war dies zu diesem Zeitpunkt Gernot Rumpold, damals blauer Bundesgeschäftsführer.

"Wir haben mehrfach den Versuch unternommen, den Eindruck richtigzustellen, dass Dr. Martin Graf Rechtsanwalt ist. Martin Graf war nie Rechtsanwalt, er hat eine andere Laufbahn eingeschlagen", wird Alexander Höferl, der Sprecher von Martin Graf in der Kronen Zeitung zitiert.

Rechtsanwalt darf man sich nur nach bestandener Anwaltsprüfung und Eintragung in das Kammerregister nennen.

Graf kandidierte auch 1999 als Rechtsanwalt

Die Bemühungen dürften zumindest in den 1990er Jahren endenwollend gewesen sein, wie derStandard.at-Recherchen ergeben. Betrachtet man die Ergebnisse der Vorzugsstimmen bei der Nationalratswahl 1999 auf der Homepage des Innenministeriums so wird auch hier Martin Graf als "Rechtsanwalt" bezeichnet.

2002 - dem Jahr in dem die FPÖ eine herbe Niederlage einstecken musste und Martin Graf es nicht mehr ins Parlament schaffte - wählten die Freiheitlichen schließlich die Bezeichnung "Rechtsanwaltsanwärter" für Graf.

Bei seinem Wiedereinzug in den Nationalrat 2006 titulierte die FPÖ den nunmehrigen Dritten Nationalratspräsidenten als "Geschäftsführer". 2008 wechselte Graf erneut seine Berufsbezeichnung, laut dem Vorzugsstimmenergebnis gab Graf an, den Beruf des "Nationalratsabgeordneten" auszuüben.

Rudas fordert Graf zum Rücktritt auf

SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Rudas nahm den Bericht nun zum Anlass, von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erneut den Rückzug Grafs zu fordern. "Das Fass ist übergelaufen, Herr Strache. Nachdem der Burschenschafter Martin Graf offenbar nicht genug Ehrgefühl aufbringt, um selbst zurückzutreten, muss sein Parteichef eingreifen und das österreichische Parlament von der Person Graf befreien", so die Parteimanagerin. "Jeder weitere Tag mit Graf als Nationalratspräsident schadet dem Ansehen des Hauses und unserer Demokratie."

Auch ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch kritisierte die FPÖ. "Wie lange schaut FPÖ-Chef Strache noch zu?", fragt Rauch in einer Aussendung. "Das Fass zum Überlaufen bringt, dass Strache weiterhin keinen Finger rührt". Strache müsse nun endlich Anstand zeigen und für Ordnung in den eigenen Reihen sorgen, so Rauch.

Graf: "Habe nie falsche Berufsbezeichnung verwendet"

Graf selbst zeigte sich in einer Aussendung verwundert: "Ich habe niemals in meinem Leben eine falsche Berufsbezeichnung verwendet - weder auf meinen Zustimmunsgerklärungen zur Kandidatur bei Wahlen noch sonst irgendwo".

Er könne es sich nicht erklären, warum er auf den Wahlvorschlägen als Rechtsanwalt ausgewiesen worden sei. Graf: "Offenbar ist irgendwo im Bereich der Erstellung, Übermittlung oder Veröffentlichung der Liste ein Fehler passiert."

Der Dritte Nationalratspräsident will sich nun auf die Suche der Originaldokumente machen, die belegen sollen, dass "die unkorrekte Eintragung nicht durch mich erfolgt ist", so Graf.

Kickl verteidigt Graf

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hat sich am Samstag hinter den in Kritik geratenen Dritten Nationalratspräsident Martin Graf (F) gestellt. Dass Graf auf Wahllisten als Rechtsanwalt aufscheine, sei "gewiss auf einen Fehler bei der Listenerstellung oder -veröffentlichung zurückzuführen" und gehe nicht von ihm selbst aus, so Kickl. Das habe Graf selbst deutlich festgestellt und werde sich anhand der Originalunterlagen nachprüfen lassen. Empört zeigte sich Kickl über die Berichterstattung, er sprach von einer "immer gehässiger und abenteuerlicher werdenden Medienkampagne" gegen Graf. BZÖ und SPÖ forderten erneut den Rücktritt Grafs. "Ich bin schon gespannt, welche Enthüllungen über Martin Graf morgen die Titelblätter der heimischen Zeitungen füllen werden", so Kickl. "Kommt nach dem Erbschleicher und dem Hochstapler jetzt noch der Kinderschänder? Oder der Terrorist? Oder Bankräuber?", fragte sich der FPÖ-Sekretä (APA/seb, derStandard.at, 9.6.2012)