Grafik: DER STANDARD

Für die "heranwachsende Jugend" wollte der Kasseler Maler und Akademieprofessor Arnold Bode 1955 die Geschichte der Moderne dokumentieren. Der Eintritt kostete eine Mark, umgerechnet fünfzig Cent. Dass aus dieser einmalig konzipierten und bescheiden dotierten Documenta-Idee eine Fortsetzungsstory mit Millionenbudget werden würde, konnte Bode nicht ahnen.

Seit damals verwandelt sich Kassel alle fünf Jahre in ein "Museum der hundert Tage", inklusive Sponsorenspektakel und Medienhype. Die Documenta ist die größte Kunstausstellung der Welt, der Name Synonym für aktuellste Kunst schlechthin. "Documenta-Teilnahme" macht sich in Künstlerbiografien nicht nur als wichtiger Ehrentitel, sondern vor allem als verlässlicher Karriereschub bezahlt. Und auch wer zur Documenta-Leitung berufen wird, gehört fortan zur Kuratoren-Elite.

Einige der eingeladenen Künstler haben in Kassel übrigens bleibende Eindrücke hinterlassen, darunter 1977 das österreichische Künstlerkollektiv Haus-Rucker-Co: Der Rahmenbau, eine begehbare Stahlskulptur, steht seit 1977 am Rande des Friedrichsplatzes. Ebenfalls 1977 ließ der US-Amerikaner Walter de Maria in einem 1000 Meter tiefen Loch Messingstäbe vergraben. Fünf Jahre später forderte Joseph Beuys zur Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung mit seinem Projekt 7000 Eichen auf; Claes Oldenburg platzierte damals eine riesige Spitzhacke am Ufer der Fulda. Und vor dem Kasseler Hauptbahnhof erinnert Jonathan Borofskys Himmelsstürmer an die Documenta 9.

Was von der diesjährigen Documenta bleiben wird, ist abzuwarten. (asch,  DER STANDARD, 9./10.6.2012)