Wien - "Sexarbeit ist in Österreich nicht zuletzt wegen der Sittenwidrigkeit ein relativ vertragloser Zustand", sagt Eva van Rahden von der Beratungsstelle Sophie. Dass der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden hat, dass Prostitution nicht per se sittenwidrig ist, könnte zu juristischen Verbesserungen für die Frauen führen, hofft sie. "Aber es wird nicht automatisch passieren, man muss viele Stellen darauf hinweisen", so van Rahden.

Opferanwältin Barbara Steiner meint, dass die Entscheidung des OGH vorerst keinen Einfluss auf die geltenden Bestimmungen beim Thema Gesundheit oder örtlicher Beschränkung haben wird. "Prostituierte können endlich ihren Lohn einklagen. In der Realität müssen aber viele das Geld an den Zuhälter abgeben."

Forderung nach Gesetzesvorlage

Der Bezirksvorsteher von Wien-Leopoldstadt, Gerhard Kubik (SPÖ), glaubt nicht, dass die zeitliche Beschränkung, die sein Bezirk für den Straßenstrich beim Prater beantragt hat, durch das OGH-Urteil gefährdet ist: "Das haben sich die Polizeijuristen genau angeschaut, ich gehe davon aus, dass das hält."

Grundsätzlich würde er begrüßen, wenn Prostitution kein sittenwidriges Gewerbe mehr wäre: "Ich hoffe, dass das Parlament entsprechend rasch reagiert." Denn dann wäre auch möglich, dass "ehrenwerte Institutionen" Laufhäuser betrieben - und nicht "auf Gewinn orientierte Private".

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) appelliert an die Justizministerin, eine auf dem Urteil aufbauende arbeits- und sozialrechtliche Gesetzesvorlage auszuarbeiten. (juh, stui, DER STANDARD, 9./10.6.2012)