Ist immer mit vollem Einsatz bei der Sache, trägt sein Herz auf der Zunge und spricht stets die Sprache des Fußballs, sie ist bekanntlich international. Giovanni Trapattoni, der auch das Team des Vatikans betreut, führte die Iren zur EM. Gut möglich, dass er Irland hernach als die sechste Frau in seinem Leben bezeichnet.

 

 

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Sopot - Es ist immer noch diese schräge Sprache, mit der Giovanni Trapattoni verzaubert - blumig, mit verknoteter Zunge scheinbar, aber stets unvergleichlich leidenschaftlich. "Ich bin nicht Gott. Ich spreche nicht gut Englisch - selbst Italienisch nicht besonders. Ich mache viele Fehler", sagt "Trap". Aber: "Nach vierzig Jahren im Fußball verstehe ich schon ein wenig von der Materie."

Recht hat er, und an Feuer mangelt es ihm schon gar nicht. Calcio, Fußball, das ist für Trapattoni nach wie vor gleichbedeutend mit Amore, Liebe. "In meinem Leben gab es fünf Frauen. Eine trug Rot-Schwarz, eine Weiß-Schwarz, eine Schwarz-Blau - und eine sprach Deutsch. Die fünfte ist meine Frau", sagt der stets verschmitzt wirkende Gentleman, der bei der EM die irische Nationalmannschaft betreut. Der AC Mailand, Juventus Turin, Inter Mailand, Bayern München; und selbstverständlich Gattin Paola, die "vielleicht sauer ist, was ich hier gerade erzähle".

Trapattoni, der in 73 Lebensjahren, 40 davon als Trainer, so viel erlebt und so viel gewonnen hat, zählt derzeit keine Liebe in Grün auf. "Trap", der älteste Coach der EM-Geschichte, hat zwar sein großes Herz schon einen Spalt für die grüne Insel geöffnet, doch für die Top 5 reicht dies nicht. Aber das kann ja noch kommen. "Zum Aufhören müssen sie mich prügeln", auch das ist eines der Trapattoni-Zitate, von denen es unendlich viele zu geben scheint.

Die "Flasche leer" aus der Ich-habe-fertig-Rede ist längst Teil des deutschen Grundwortschatzes. "The cat is in the sack" war auch ein Kleinod. Und fast ist in Vergessenheit geraten, dass es noch einen weiteren Ausraster gab, 2008, bei Red Bull Salzburg. Wieder konnte die Zunge nicht rüberbringen, was das Gehirn loswerden wollte - und wieder entstand eine Kauderwelsch-Perle im Stakkato. "Wörter sind sehr einfach. Wer kann machen, machen! Wer kann nicht machen, sprechen. Wer kann nicht sprechen, der schreiben!", warf Trapattoni glühenden Auges den verdutzten Journalisten an den Kopf. Und war sogleich in Österreich noch beliebter als ohnehin schon.

Trapattoni ist ein Phänomen. Authentisch, sympathisch, jemand, der scheinbar machen kann, was er will. Ein tiefgläubiger Mensch, der Weihwasser verspritzt, wenn es nicht läuft, auch ein Charmeur mit Mutterwitz. Er versteht Spaß, und er hat Selbstironie.

Trapattoni hat gegen Pele, Eusebio and Johan Cruyff gekickt, an der Seite von Gianni Rivera, er hat zwei Europapokale geholt. 2008 landete er in Irland. Großes Geld gibt es dort nicht mehr zu verdienen, aber darauf kommt es auch nicht an. Die Trainer-Ikone hat auch dunkle Tage erlebt, einer war besonders dunkel. Kaum jemand weiß, dass Trapattoni am 29. Mai 1985 bei der Katastrophe im Heysel-Stadion in Brüssel (39 Tote) Juventus Turin trainierte. "Das ist bei mir eine Narbe, die nie verheilen wird", hat er einmal gesagt, als er darüber sprach. Das tut er ganz, ganz selten. (sid, red; DER STANDARD,  7.6.2012)