Bild nicht mehr verfügbar.

Barniers Vorschläge sehen keine Bankenunion vor, aber einheitliche Regeln für Bankenrettungen.

Foto: ap/yves logghe

Wien/Brüssel - Die Rettung der Hypo Alpe Adria in Österreich, die Stützung der belgischen Dexia, die Notverstaatlichung der irischen Anglo Irish: In den vergangenen vier Jahren wurden in Europa dutzende Banken mit Steuergeldern aufgefangen. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hat am Mittwoch in Brüssel eine Richtlinie präsentiert, um teure " Bail-outs" künftig zu verhindern.

Die Kommission will einen Rahmen vorgeben, damit Aufseher im Falle der Schieflage eines Instituts europaweit einheitlich vorgehen. In einem ersten Schritt ist eine Reihe von Präventionsinstrumenten vorgesehen, die Bankenpleiten verhindern sollen. So will Barnier, dass alle Institute Pläne ausarbeiten, die vorgeben, wie sie bei Problemen saniert oder im Pleitefall abgewickelt werden können. Die nationalen Aufseher erhalten die Erlaubnis, Kreditinstitute zur Umsetzung dieser Plänen zu zwingen. Vorgesehen ist auch die Entsendung eines staatlichen Sonderverwalters in die Bank, der "an die Stelle der Leitung des Instituts tritt" und die Sanierung einleitet.

Kernbestandteil des Barnier-Vorschlags sind aber Zwangsmaßnahmen, die gesetzt werden können, wenn eine Bank umfällt.

Mehr Instrumente für Aufseher

Die nationalen Aufseher bekommen mehrere Instrumente in die Hand, um Steuerzahler bei Bankenrekapitalisierungen zu schonen: Zunächst dürfen sie Teile oder die gesamte Krisenbank ohne Zustimmung der Eigentümer verkaufen. Ebenso können sie Vermögenswerte der Bank auf ein " Brückeninstitut", also etwa eine öffentliche Bank, übertragen, und zwar ebenso ohne Zustimmung der Eigentümer. Als dritte Variante können Schulden eines Geldhauses in eine Bad Bank, also eine eigene Zweckgesellschaft, ausgelagert werden.

Die wichtigste Neuerung ist allerdings das vierte Notinstrument, die " Bail-in-Klausel": Diese soll sicherstellen, dass Kreditinstitute auf Kosten der Eigentümer und Gläubiger rekapitalisiert werden. So muss die Finanzaufsicht künftig primär das Kapital der Eigentümer zur Verlustdeckung verwenden. Zudem darf sie Ansprüche von ungesicherten Gläubigern (die also kein Pfand in der Hand halten) in Eigenkapital umwandeln. Schuldet ein Institut einem Investor zum Beispiel 100 Millionen Euro, erhält er anstatt des Geldes einen Anteil am neuen Institut. Diese Form der Bankensanierung unter Gläubigerbeteiligung wurde während der Finanzkrise in Island erfolgreich praktiziert.

Im Ernstfall können selbst abgesicherte Gläubiger zur Kasse gebeten werden, stets ausgenommen ist der Rückgriff auf Kundeneinlagen. Barnier will den EU-Ländern zudem ein einheitliches System der Einlagensicherung schaffen, also einen Notfalltopf, in den die Banken regelmäßig einzahlen und der zur Stützung von Instituten verwendet werden kann. Die Töpfe sollen ein Prozent der geschützten Einlagen (pro Bankkunde sind das 100. 000 Euro) abdecken.

Aufsicht verlangt Banktentestamente

Die Regelungen würden für Österreich zahlreiche Neuerungen bringen. Zwar kann schon heute ein Staatskommissär in eine Problembank entsandt werden, einen Vorstand abberufen darf er aber nicht. Abwicklungspläne (" Bankentestamente") werden allerdings schon erarbeitet: Finanzmarktaufsicht FMA und Oesterreichische Notenbank OeNB verlangen von den größeren Instituten bis Ende 2012 Testamente.

Eine "Bail-in"-Regelung gibt es in Österreich allerdings nicht - so mussten weder die Gläubiger der verstaatlichten Hypo Alpe Adria noch jene der Volksbanken Verluste erleiden. OeNB, FMA und das Finanzministerium arbeiten derzeit an einem Bankeninsolvenzrecht, das einige Elemente des Barnier-Plans enthalten soll. Einen alle heimische Banken umfassenden Einlagenschutz gibt es auch nicht, die einzelnen Sektoren (Sparkassen, Raiffeisen etc.) verfügen über begrenzte Sicherungsinstrumente.

Der Vorschlag der Kommission muss von allen EU-Ländern und dem EU-Parlament abgesegnet werden. In der aktuellen Krise wird er keine Rolle spielen, denn die Maßnahmen sollen erst ab 2015, die " Bail-in-Klausel" erst 2018 gelten. In einer Analyse der Raiffeisenbank International heißt es dazu, dass der Großteil der Bankschulden vor 2018 fällig wird - die heutigen Gläubiger von angeschlagenen Instituten müssen also nichts fürchten. (András Szigetvari, DER STANDARD, 8.6.2012)