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Bei den steigenden Immobilienpreisen bleibt die Frage, wie Schrebergärten zukünftig zu rechtfertigen sind.

Foto: apa/dpa/Federico Gambarini

Wien - Die Fassade leuchtet in Weiß und Zitronengelb, auf dem Flachdach prangt eine Satellitenschüssel. "Ein typisches Architektenhaus", sagt Wilhelm Wohatschek und bleibt am Gartenzaun des zweigeschoßigen Neubaus stehen. "Ist doch schön, dass heute so viele verschiedene Stile möglich sind." Wohatschek sieht von Berufs wegen Positives in der nicht immer geschmackssicheren Umsetzung des Traums vom komfortablen Kleingartenhäuschen. Er ist Präsident des Zentralverbands der österreichischen Kleingärtner und vertritt die Interessen von fast 40.000 Mitgliedern.

In Wien gibt es die meisten Kleingärten, rund 240 der 250 Anlagen sind ganzjährig bewohnbar. Der Grundidee des Kleingartens widerspricht dies: Ursprünglich verpachtete die öffentliche Hand Grünland, um Städtern für ein paar Monate im Jahr Erholung bei Obst- und Gemüsezucht zu bieten. 

Anlagen in Top-Immobilienlagen

"Einen Kleingarten zu haben bringt auch ein gewisses gesellschaftliches Prestige mit sich", sagt Geografin Tatjana Fischer, die das Wiener Kleingartenwesen in einer Studie erforscht hat. Weil viele Anlagen mittlerweile in Top-Immobilienlagen sind, könne bald die Frage auftauchen, wie Schrebergärten künftig zu rechtfertigen seien. "In der politischen Debatte fehlt es noch an klaren Zielvorstellungen."

Die Wiener Grünen tun sich mit der Wählergruppe der Kleingärtner seit jeher schwer. Einerseits können sie nicht gegen den Erhalt von Grünraum sein, andererseits ist der Thujen-und-Gartenzwerg-Mief nicht ihre Welt. Vom Koalitionspartner SPÖ, die mit Michael Ludwig den zuständigen Stadtrat stellt, ist bei der Neudefinition des Kleingartenwesens keine Hilfe zu erwarten: Die SP vermeidet es, die Rechte der Kleingartenbewohner zu stutzen. Schließlich wird auch hier aus Tradition zumeist noch immer rot gewählt.

Vassilakou will nur sparsam umwidmen

Österreichs oberstem Kleingärtner Wohatschek schweben jedenfalls neue Anlagen vor - und er hofft auf grüne Unterstützung. Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) winkt ab. Sie werde nur sehr sparsam umwidmen, "denn Kleingartenanlagen bedeuten die Privatisierung von öffentlichem Raum".

Studienautorin Fischer plädiert dafür, dass die Kleingartenanlagen in der Sommersaison für die Allgemeinheit zugänglich bleiben. Außerdem gebe es in vielen Anlagen unbeackerte Gemeinschaftsbeete, "die könnte man etwa Schulklassen zur Verfügung stellen". (Martina Stemmer, DER STANDARD, 6.6.2012)